km Archiv
Das Archiv des Kunstverein München umfasst Protokolle, Korrespondenzen, Fotografien, Publikationen, Poster, Flyer, Videos, Rechnungen und andere Ephemera aus über 200 Jahren Institutionsgeschichte seit der Gründung im Jahr 1823. Der größte Teil des Bestandes lagert im Münchner Stadtarchiv als Depositum, während der Archivraum des Kunstvereins einen für Kunstvereinsbesucher*innen zugänglichen Präsenzbestand an Drucksachen, Publikationen und anderen Materialien zu den Ausstellungen des Kunstvereins ab 1969 bis heute beherbergt.
Der von Julian Göthe entworfene Archivraum ist seit 2020 fester Bestandteil des Kunstverein München und gibt der Verhandlung und Aufbewahrung der nun über 200-jährigen Geschichte des Kunstvereins einen konkreten Ort. Neben den gängigen archivarischen Tätigkeitsfeldern – der Erschließung, Aufbewahrung, Erweiterung und Pflege des Bestands – gehört zu den Aktivitäten des Kunstvereinsarchivs auch ein regelmäßig stattfindendes, öffentliches Programm. In Veranstaltungen mit Historiker*innen, Künstler*innen und Zeitzeug*innen unterzieht sich der Kunstverein darin einer kritischen Reflexion der eigenen Geschichte und ihren Leerstellen. Darüber hinaus wird jede Ausstellung durch die Präsentation von themenverwandten Materialien im Archivraum begleitet. In einem vierteljährlich erscheinenden Archivnewsletter werden wichtige Inhalte aus der Historie des Kunstvereins aufgegriffen und anhand gegenwärtiger Diskurse kontextualisiert. Neben Recherchen und Kommentaren der Archivar*innen werden hier auch Gastbeiträge veröffentlicht. Alle Ausgaben des Archivnewsletters sind auf der Webseite des Kunstverein München zugänglich. Unter dem Reiter „Programm“ findet sich zudem eine Chronik aller Ausstellungen des Kunstvereins seit seiner Gründung 1823.
Die Zusammenführung von Aufbewahrungs- und Veranstaltungsort erlaubt eine vielschichtige Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Auftrag der Institution im historischen Kontext. Im Zentrum soll dabei die Entwicklung einer Methode für zukünftige Wissensorganisation stehen: Wie gestaltet sich historische Aufarbeitung, die neben wissenschaftlicher Arbeit auch künstlerisch-kuratorische Praktiken mit einbezieht? Nur durch diese Verknüpfung ermöglicht sich eine vielschichtige, polyphone sowie subjektive Lektüre der Geschichte, die der Komplexität des Archivs gerecht wird.
Die kontinuierliche Archivarbeit ist eine relativ junge Fokussetzung im Kunstverein München. Zunächst gaben lediglich Jubiläen Anlass, den Blick auf die eigene Geschichte zu richten. Auch Telling Histories, die 2003 zum 180-jährigen Bestehen von Maria Lind und Søren Grammel initiierte Ausstellung, verortete sich in dieser Kontinuität. Auf Seite der Mitarbeitenden war Alexander Wagner der erste, der ab 2016 die Aufgabe der Archivbetreuung übernahm. Der Ausbau seiner Stelle, der diese Arbeit ermöglichte, wurde durch eine Spende des Vorstandsmitgliedes Martina Fuchs ermöglicht und vom damaligen Direktor Chris Fritzpatrick verantwortet, dessen großes Interesse am Ausbau der archivarischen Arbeit des Kunstvereins entscheidende Impulse setzte. Von 2017 bis 2019 war Theresa Bauernfeind verantwortlich für das Kunstvereinsarchiv. Unter der Direktorin Maurin Dietrich und Kuratorin Gloria Hasnay fand in Vorbereitung auf das 200jährige Jubiläum eine programmatische Fokussetzung auf das Archiv statt, die sich unter anderem in einer 2020 neu geschaffenen Archivstelle von 32 Stunden manifestierte. Diese Stelle besetzte Adrian Djukic von 2020 bis 2022 als erster. Seit 2022 wird das Archiv des Kunstverein München von Johanna Klingler und Jonas von Lenthe geleitet.
Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Strukturen innerhalb des Kunstvereins in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bildet einen wichtigen Schwerpunkt der Archivarbeit. Während die Institutionsgeschichte im 19. Jahrhundert in Protokoll- und Rechnungsbüchern relativ dicht übermittelt ist, liegt zwischen 1907 und 1969 nur wenig Material vor. Ab 1969 verdichtet sich der Archivbestand des Kunstvereins wieder zunehmend und weist bis in die Gegenwart eine relativ gute Dokumentenlage vor. Die Grundlage für die Erschließung der Geschichte während der NS-Zeit bilden deshalb weitestgehend Dokumente aus anderen Archiven. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzung der Künstlerin Bea Schlingelhoff mit der Vereinsstruktur und NS-Geschichte des Kunstvereins im Zuge ihrer 2021 stattgefundenen Ausstellung No River to Cross. Einen weiteren wichtigen Schritt im Aufarbeitungsprozess stellt der Text des Kunsthistorikers Christian Fuhrmeister mit dem Titel Der Kunstverein München im Nationalsozialismus. Was fragen, wie forschen? dar, der 2023 in der Jubiläumspublikation FOR NOW. 200 Jahre Kunstverein München erschienen ist.
Die im Stadtarchiv gelagerten Dokumente können im dortigen Lesesaal gesichtet werden. Die Protokoll- und Rechnungsbücher des 19. Jahrhunderts wurden inzwischen vollständig vom Internetportal Bavarikon digitalisiert und sind unter diesem Link einsehbar. Vertiefende Einblicke in die Archivarbeit des Kunstvereins bietet der Text Entstehung und Methodik des Archivs des Kunstverein München von Johanna Klingler und Jonas von Lenthe im Jubiläumskatalog FOR NOW, die aktuell das Archiv leiten. Bei Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf über johanna@kunstverein-muenchen.de, jonas@kunstverein-muenchen.de oder archiv@kunstverein-muenchen.de.