Archiv Newsletter No. 8.1

Der Klassenbegriff im Kunstverein München

Teil 1: Die Anfänge im 19. Jahrhundert


– please scroll down for English version –

Friedrich Thiersch, Perspektivischer Schnitt zu dem Umbauprojekt für das Kunstvereinsgebäude in München / perspective cut to the reconstruction project for the Kunstverein building in Munich, Mai / May 1890. Courtesy Architekturmuseum der TU München / Architecture Museum of the TU Munich.

Welche Rolle spielt der Begriff „Klasse“ in der fast 200-jährigen Geschichte des Münchner Kunstvereins? In Begleitung zur Ausstellung Not Working – Künstlerische Produktion und soziale Klasse werden die nächsten vier Folgen des Archiv Newsletters dieser Frage nachgehen, von der Vereinsgründung bis in die jüngere Gegenwart.

„Von Anfang an waren Kunstvereine und Museen in Deutschland an die Entstehung der bürgerlichen Klasse und den Ausdruck ihres Selbstbewusstseins gebunden. Darüber hinaus waren Kunstinstitutionen ein starkes Instrument der Repräsentation der bürgerlichen Kultur. (...) Wir alle wissen heute, wie ‚emanzipativ‘ und radikal dieses Konzept anfangs war, die Kunst vom Einfluss des Hofes und der Kirche zu befreien, gleichzeitig aber auch, wie ideologisch.“ [1]

Bevor der Klassenbegriff explizit in Ausstellungen auftaucht, ab Anfang der 1970er Jahre (um dann immer mal wieder als Problem der Institution erkannt zu werden), prägt eine bestimmte Vorstellung davon schon die Gründung des Vereins. Für wen die Assoziation da sein sollte, gegen wen sie gegründet werden musste, wen sie repräsentieren sollte und wen gerade nicht – in Diskussionen, scheinbaren Nebensächlichkeiten oder auch Einrichtungsfragen zeichnet sich ab 1823 das gesamte 19. Jahrhundert hindurch ziemlich deutlich ein Klassenbegriff ab, manchmal explizit und manchmal unfreiwillig.

„Als Klassen bezeichnet man große Menschengruppen, die sich voneinander unterscheiden nach ihrem Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen fixierten und formulierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach der Art der Erlangung und der Größe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen. Klassen sind Gruppen von Menschen, von denen die eine sich die Arbeit einer anderen aneignen kann infolge der Verschiedenheit ihres Platzes in einem bestimmten System der gesellschaftlichen Wirtschaft.“ [2] Klassen sind somit alles andere als naturgegeben. Sie bilden vielmehr die Nähe oder Entfernung von Menschen zum gesellschaftlichen Reichtum ab – und damit auch unvereinbare Interessen.

Als der Kunstverein München 1823 gegründet wurde, waren daran neben Künstler*innen hauptsächlich das wohlhabende Bürgertum und der Adel beteiligt. Die relativ neue Idee von selbstverwalteten Vereinen stand in Verbindung zu Idealen der Aufklärung. Demnach sollte die Kunst von ihren kirchlichen und höfischen Verwicklungen gelöst werden. Die gesellschaftliche Voraussetzung dafür war die angestrebte Beendigung der Zwänge der Ständegesellschaft. Das schlug sich auch in der Organisationsstruktur der Vereine nieder, die individualistisch und demokratisch gefasst war, „da man das Dictatorische bei dieser Stelle scheute, und die Sache durchaus nach Grundsätzen der Gleichheit betreiben wollte.“ [3] Dennoch spielten bei der Gründung des Kunstverein München auch hofnahe Kräfte eine Rolle – auf deren Gunst die Umsetzung der Idee angewiesen blieb. In dieser Hinsicht war München kein Einzelfall – u.a. beim Badischen Kunstverein in Karlsruhe und in Augsburg gab es ähnlich enge Verbindungen zu höfischen Strukturen.


Die Münchner Künstler und ihre Schöpfungen unter Ludwig I., lavierte Feder- und Bleistiftzeichnung von Eugen Napoleon Neureuther / The Munich artists and their creations under Ludwig I., pen and pencil drawing by Eugen Napoleon Neureuther, ca. 1845. Courtesy Staatliche Graphische Sammlung München, Sammlung Maillinger / State Collection of Graphic Art Munich, Maillinger Collection.

„Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt (...).“ Doch „(d)ie aus dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt.“ [4] Im historischen Maßstab stellt die Selbstermächtigung der Bürger*innen zu dieser Zeit also einen qualitativen Sprung dar. „In der Kunstmetropole München wird anfangs ein gewisser oppositioneller Zug hinzugekommen sein durch die Demokratisierung der Kunst (...), durch die Vertretung, Förderung, ja Überbetonung eines Kunstgeschmacks, von Gattungen, die von Hof und Akademie, also offiziell, verpönt wurden (Landschafts-, Genremalerei).“ [5]

In seiner ausführlichen Studie zur Geschichte des Münchner Kunstvereins im 19. Jahrhundert kontrastiert York Langenstein die Vereinsgründung durch die vorangegangene Zeitphase : „In der bis in das späte 18. Jahrhundert hinein rein ständisch aufgebauten Gesellschaft war der Lebensraum des Einzelnen meist schon von Geburt an weitgehend definiert; der persönliche und berufliche Werdegang, die Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaften und Zünften stand nicht zur Disposition, sondern war Teil der nicht in Frage zu stellenden existenziellen Rahmenbedingungen.“ [6] Dies begann sich jetzt nicht von Grund auf, aber für manche zu verändern. Neben den Handwerker- und Kaufmannsschichten entstanden neue Tätigkeiten in den Wissenschaften, bei Zeitungen, im Schulwesen oder auch in Handelsunternehmen. Auch das Leben neben der Arbeit trägt Züge neuer Freiheiten: selbst gewählte Interessensgemeinschaften verabreden sich, um sich zu unterhalten oder sich weiterzubilden, beispielsweise in Lesegesellschaften. Das in vielen Vereinen vertretene Bildungsideal stammt aus einer speziellen Gewichtung der Aufklärung in Deutschland. Anders als in manchen Nachbarländern (bei der Französischen Revolution oder den Aufständen in England) ging es hier aber weniger um kollektive Ermächtigungen.


Tagebuch über Einnahmen und Ausgaben des Kunstvereins für das Jahr 1824, Titelblatt / Diary of income and expenditure of the Kunstverein for the year 1824, title page, 1824. Courtesy Stadtarchiv München, Bestand Vereine 256 / Munich City Archive, stock of associations 256.

„Denn die Revolution hat ja in Deutschland nicht stattgefunden, und der aufrührerische Geist verlor sich in Nationalismus und Biedermeier.“ [7] Weniger das Erkämpfen von Rechten als das zur Bildung angehaltene Individuum steht im Fokus der zeitgenössischen philosophischen Ästhetik. Eine Grenze zum gebildeten Bürgertum mit verfeinertem Geschmack stellen diejenigen dar, die derartigen Beschäftigungen keine Aufmerksamkeit widmen (können). Langenstein zitiert Schillers breit rezipierte Briefe „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“: „In den niedern und zahlreichen Klassen stellen sich uns rohe und gesetzlose Triebe dar, die sich nach aufgelöstem Band der bürgerlichen Ordnung entfesselt und mit unlenksamer Wut zu ihrer tierischen Befriedigung eilen.“ [8]

So bildet sich unter dem Dach des Kunstvereins eine abgegrenzte Gesellschaft, die trotz aufklärerischer Ideale gekennzeichnet ist durch „eine konservative politische(n) Grundeinstellung, die sich im Lauf der Zeit noch verstärkte (...). Bezeichnend für die oft geradezu restaurativen Neigungen, für das nicht nur willige sondern fast schon begierige Akzeptieren der Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts ist der dem Verzeichnis der ordinären Mitglieder vorgeschaltete, nach allen Regeln der Etikette aufgebaute Katalog königlicher oder fürstlicher Häupter, die durch ihre Mitgliedschaft den Verein zierten, wie wir ihn nicht nur in den Rechenschaftsberichten des Münchner Kunstvereins vorfinden.“ [9]


Rechenschaftsbericht des Verwaltungs-Ausschusses des Kunst-Vereins in München für das Jahr 1844 / Report of the Administrative Committee of the Kunst-Verein in Munich for the year 1844. Courtesy Bayerische Staatsbibliothek München / Bavarian State Library Munich.

Einerseits spielen die Kunstvereine eine Rolle bei der Demokratisierung der Kunst durch Serialität und Reproduzierbarkeit, etwa durch die in Jahresgaben veräußerten Druckgraphiken. Neue, weltliche Absatzmärkte außerhalb von Hof und Kirche werden für Kunstwerke erschlossen. Allerdings gehorchten die so produzierten kleinformatigen Bilder auch den Anforderungen der von den Bürger*innen bezogenen Wohnungen. Die neu geschaffene Vertriebsstruktur für Kunstwerke erreicht tendenziell ein größeres Publikum und ist darin auf den ersten Blick auch demokratischer. [10] „(B)eim Studium der Mitgliedslisten zeigt sich aber, daß fast ausschließlich Vertreter der Oberschicht der Gesellschaft angehörten. Man darf vermuten, daß hier nicht nur der nicht unerhebliche Mitgliedsbeitrag seine abschreckende Wirkung (…) ausübte (…), sondern daß die Beitrittsanträge von nicht in den Kreis der Mitglieder passenden Personen abgelehnt wurden.“ [11] „Die Mitgliedschaft setzte eine gewisse Zahlungsfähigkeit voraus, denn sie wurde erworben durch den Kauf einer oder mehrerer Vereinsaktien.“ [12] Zugelassen waren „gebildete Männer“ [13] – Frauen wurden erst ab 1829 aufgenommen und waren erst im nächsten Jahrhundert, ab 1902, im Zuge einer krisenbedingten Modernisierung stimmberechtigt. [14]

In der nächsten Folge des Newsletters schauen wir uns die Zusammensetzung der Mitglieder im 19. Jahrhundert noch genauer an. Außerdem wird es um die Rolle der Polizei, die Kleidung der Vereinsdiener und einen Umbau des Vereinsgebäudes gehen.

Text: Adrian Djukic
Übersetzung und Lektorat: Adrian Djukic, Maurin Dietrich und Gloria Hasnay
Herzlichen Dank an Theresa Bauernfeind für zahlreiche Literaturhinweise

Bei Fragen zum Martina Fuchs Archiv wenden Sie sich gerne an Adrian Djukic über archiv@kunstverein-muenchen.de.

Fußnoten:

[1] Barbara Steiner, Conflicts and collisions among the “acteurs” in contemporary art institutions. In: Liam Gillick und Maria Lind, Curating with light luggage, München, Frankfurt 2005, S. 53–61, hier: S. 53.
[2] Lenin, Die große Initiative. In: Werke, Band 29, Berlin 1984, S. 397–424, hier: S. 410.
[3] Kunstverein Protokoll, München 1824, S. 2.
[4] Karl Marx, Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei. In: Werke, Band 4, Berlin 1972, S. 459–493, hier: S. 463.
[5] Ingo Tornow, Das Münchner Vereinswesen des 19. Jahrhunderts, mit einem Ausblick auf die zweite Jahrhunderthälfte. Phil. Diss., München 1976, S. 230.
[6] York Langenstein, Der Münchner Kunstverein im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Entwicklung des Kunstmarkts und des Ausstellungswesens, München 1983, S. 6.
[7] Stephan Dillemuth, Helmut Draxler, Nikolaus Pevsner, Die Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen. In: Stephan Dillemuth (Hrsg.), Akademie, München 1995, S. 8–35, hier: S. 21.
[8] Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. In: Sämtliche Werke, Band 5, München 1962, S. 570–669, hier: S. 579. Zitiert nach: Langenstein, S.11.
[9] Langenstein, S. 12.
[10] Vgl. Alice Creischer, Das Genie als Bedürfnis der bürgerlichen Gesellschaft. In: Stephan Dillemuth (Hrsg.), Akademie, München 1995, S. 82–102.
[11] Ebd., S. 12 f.
[12] Walter Grasskamp, Die Einbürgerung der Kunst. Korporative Kunstförderung im 19. Jahrhundert. In: Jutta Dresch und Wilfried Rößling (Hrsgg.), Bilder im Zirkel. 175 Jahre Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1993, S. 19–24, hier: S. 19.
[13] Langenstein, S. 61 f.
[14] Ebd., S. 216.

Literatur:

Creischer, Alice: Das Genie als Bedürfnis der bürgerlichen Gesellschaft. In: Stephan Dillemuth (Hrsg.): Akademie, München 1995, S. 82–102.

Demirovic, Alex: Kultur für alle – Kultur durch alle. Demokratische Kulturpolitik und soziale Transformation. In: Texte zur Kunst, Nr. 12, Köln 1993, S.39–52. Zitiert nach: Inge Westphal, Martin Freitag: Die Kunstakademie und ihr Zusammentreffen mit dem herrschenden Sozialen. In: Stephan Dillemuth (Hrsg.): Akademie, München 1995, S.110–157.

Dath, Dietmar, Kirchner, Barbara: Der Implex: Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee, Berlin 2012.

Diederichsen, Diedrich: Musikzimmer. Köln 2005.

Dillemuth, Stephan, Draxler, Helmut, Pevsner, Nikolaus: Die Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen. In: Stephan Dillemuth (Hrsg.): Akademie, München 1995, S. 8–35.

Grasskamp, Walter: Die Einbürgerung der Kunst. Korporative Kunstförderung im 19. Jahrhundert. In: Jutta Dresch und Wilfried Rößling (Hrsgg.): Bilder im Zirkel. 175 Jahre Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1993, S.19–24.

Grasskamp, Walter: Die unbewältigte Moderne. Kunst und Öffentlichkeit, München 1994.

Hahl, Werner: Art. „Gattungspoetik“. In: Volker Meid (Hrsg.): Sachlexikon Literatur, München 2000, S. 308–12.

Kaschuba, Wolfgang: Kunst als symbolisches Kapital. In: Peter Gerlach (Hrsg.): Vom realen Nutzen idealer Bilder. Kunstmarkt und Kunstvereine, Aachen 1994, S.9–20.

Kunstverein München (Hrsg.): 150 Jahre Kunstverein. Dokumentationen zur Frühgeschichte des Kunstvereins. Jahresgaben des Kunstvereins 1825 bis 1973/74, München 1974.

Kunstverein Protokoll, München 1824.

KVB (Berichte über den Bestand und das Wirken des Kunstvereins in München), 1. Halbjahr 1824.

Langenstein, York: Der Münchner Kunstverein im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Entwicklung des Kunstmarkts und des Ausstellungswesens, München 1983.

Lenin: Die große Initiative. In: Werke, Band 29, Berlin 1984, S. 397–424.

Marx, Karl und Engels, Friedrich: Manifest der Kommunistischen Partei. In: Werke, Band 4, Berlin 1972, S. 459–93.

Reising, Gert: 1818/1848/1989. Zur Frühgeschichte deutscher Kunstvereine. In: Peter Gerlach (Hrsg.): Vom realen Nutzen idealer Bilder. Kunstmarkt und Kunstvereine, Aachen 1994, S. 112–25.

Schmitz, Thomas: Die deutschen Kunstvereine im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Neuried 2001.

Steiner, Barbara: Conflicts and collisions among the “acteurs“ in contemporary art institutions. In: Liam Gillick und Maria Lind: Curating with light luggage, München, Frankfurt 2005, S. 53–61.

Tornow, Ingo: Das Münchner Vereinswesen des 19. Jahrhunderts, mit einem Ausblick auf die zweite Jahrhunderthälfte. Phil. Diss., München 1976.


Album mit sechs Lithographien mit Tierstudien. Vom Verfasser Raffael Wintter dem Kunstverein gewidmet. / Album with six lithographs with animal studies. Dedicated to the Kunstverein by the author Raffael Wintter, 1832. Courtesy Staatliche Graphische Sammlung, München / State Collection of Graphic Art, Munich

The Concept of Class at Kunstverein München

Part 1: The Origins in the 19th Century


“From the beginning, art associations and museums in Germany were bound to the development of the bourgeois class and the expression of its self-confidence. Further, art institutions were a strong tool of the representation of bourgeois culture. (...) We all know nowadays how ‘emancipative’ and radical this concept was at the beginning, to free art from the influence of the court and the church, but how ideological at the same time.” [1]

What role does the term “class” play in the almost bicentennial history of the Munich Kunstverein? Accompanying the exhibition Not Working – Artistic production and matters of class, the next four episodes of the newsletter will explore this question, from the founding of the association to the more recent present.

Before the concept of class appeared explicitly in exhibitions, from the early 1970s onward (to be recognized time and again as a problem of the institution), a certain idea of class already characterized the founding of the association. For whom the association was to be there, in opposition to whom it had to be founded, whom it was to represent and whom it was not—in discussions, apparent trivialities, or even questions of interior design, a concept of class emerged quite clearly throughout the entire 19th century, sometimes explicitly and sometimes involuntarily, starting in 1823.

“‘Classes’ are large groups of people who differ from one another according to their place in a historically determined system of social production, according to their relationship (largely fixed and formulated in laws), to the means of production, according to their role in the social organization of work, and consequently according to the manner of acquisition and the size of the share of social wealth they possess. Classes are groups of people, one of whom can appropriate the labor of another because of the diversity of their place in a particular system of social economy.” [2] Classes are thus anything but natural. Rather, they reflect the proximity or distance of people to social wealth—and thus also incompatible interests.

When Kunstverein München was founded in 1823, it was mainly the wealthy bourgeoisie and the nobility, in addition to artists, who were involved. The relatively new idea of self-governing associations was linked to the ideals of the Enlightenment. According to these ideals, art was to be freed from its ecclesiastical and courtly entanglements. The social prerequisite for this was the desired end to the constraints of the hierarchical society. This was also reflected in the organizational structure of the associations, which was individualistic and democratic, “since one shied away from the dictatorial at this point, and wanted to pursue the matter thoroughly according to principles of equality.” [3] Nevertheless, forces close to the court also played a role in the founding of the Kunstverein München—on whose favor the realization of the idea remained dependent. In this respect, Munich was not an isolated case—the Badischer Kunstverein in Karlsruhe and the one in Augsburg, among others, had similarly close connections to courtly structures. “The bourgeoisie has played a highly revolutionary role in history (...).” But “the modern bourgeois society, which emerged from the decline of feudal society, has not abolished class antagonisms. It has only put new classes, new conditions of oppression, new forms of struggle in place of the old.” [4]

On a historical scale, the self-empowerment of citizens at this time thus represents a qualitative leap. “In the art metropolis of Munich, a certain oppositional tendency will initially have been added by the democratization of art (...), by the representation, promotion, even overemphasis of a taste for art, of genres that were frowned upon by the court and academy, i.e. officially (landscape and genre painting).” [5]


Die Ruinen des Colosseums, Lithographie von Andreas Borum nach Carl Rottmann, Jahresgabe 1828, Stadtmuseum München, Sammlung Maillinger. / The Ruins of the Colosseum, lithograph by Andreas Borum after Carl Rottmann, Annual Edition 1828, Munich City Museum, Maillinger Collection.

In his detailed study of the history of Kunstverein München in the 19th century, York Langenstein contrasts the founding of the association with the preceding phase: “In a society that was purely corporative until the late 18th century, the living space of the individual was usually largely defined from birth; the personal and professional career, membership in religious communities and guilds was not at issue, but was part of the existential framework that could not be called into question.” [6] This began to change, not from the ground, but for some people. In addition to the craftsmanship and merchant classes, new jobs were created in the sciences, in newspapers, in the school system, or even in commercial enterprises. Life alongside work also had new freedoms: self-chosen interest groups arrange to meet and talk to each other or to further their education, for example in reading societies. The educational ideal represented in many associations originates from a special weighting of the Enlightenment in Germany. Unlike in some neighboring countries (during the French Revolution or the uprisings in England), however, it was less about collective empowerment.

“For the revolution did not take place in Germany, and the rebellious spirit was lost in nationalism and Biedermeier.” [7] The focus of contemporary philosophical aesthetics is not so much on the struggle for rights as on the individual called upon to educate himself. A boundary to the educated bourgeoisie with refined tastes are those who (cannot) pay attention to such activities. Langenstein quotes Schiller’s widely received letters “On the aesthetic education of man”: “In the lower and numerous classes, we see raw and lawless drives that are unleashed after the disintegration of the bourgeois order and rush with unguided fury to their animalistic satisfaction.” [8]

Thus, under the roof of the Kunstverein, a demarcated society is formed, which, despite the ideals of the Enlightenment, is characterized by “a conservative political basic attitude, which has become even stronger over time (...). Characteristic of the often downright restorative tendencies, of the not only willing but almost eager acceptance of the class society of the 19th century, is the catalog of royal or princely heads, which precedes the list of ordinary members and which was compiled according to all the rules of etiquette, who, through their membership, adorned the association, as we find it not only in the accounts of Kunstverein München.” [9]

On the one hand, the art associations play a role in the democratization of art through seriality and reproducibility, for example through the prints sold as annual editions. New, secular sales markets outside the court and church are opened up for works of art. However, the small-format pictures produced in this way also obeyed the requirements of the apartments occupied by the citizens. The newly created distribution structure for works of art tends to reach a larger audience and is, at first glance, more democratic in this respect. [10] “When studying the membership lists, however, it becomes apparent that almost exclusively representatives of the upper class belonged to the Society. One may assume that here not only the significant membership fee had its deterrent effect (...), but that the applications for membership were rejected by persons who did not fit into the circle of members.” [11] “Membership required a certain solvency, because it was acquired by the purchase of one or more association shares.“ [12] Admitted were “educated men” [13]—women were not admitted until 1829 and did not have the right to vote until the next century, from 1902, in the course of a crisis-related modernization. [14]

In the next episode of the newsletter we will take a closer look at the composition of the members in the 19th century. We will also look at the role of the police, the clothing of the club servants and a reconstruction of the club building.

Text: Adrian Djukic
Translation and Editing: Adrian Djukic, Maurin Dietrich, and Gloria Hasnay
Many thanks to Theresa Bauernfeind for numerous references

If you have any questions about the Martina Fuchs Archive, please contact Adrian Djukic via archiv@kunstverein-muenchen.de.

Footnotes:

[1] Barbara Steiner, Conflicts and collisions among the “acteurs” in contemporary art institutions. In: Liam Gillick and Maria Lind, Curating with light luggage, Munich, Frankfurt 2005, pp. 53–61, here: p. 53.
[2] Lenin, The Great Initiative. In: Collected Works, Volume 29, Berlin 1984, pp. 397–424, here: p. 410.
[3] Kunstverein Protocol, Munich 1824, p. 2.
[4] Karl Marx, Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei. In: Collected Works, Volume 4, Berlin 1972, pp. 459–493, here: p. 463.
[5] Ingo Tornow, Das Münchner Vereinswesen des 19. Jahrhunderts, mit einem Ausblick auf die zweite Jahrhunderthälfte. Phil. Diss., Munich 1976, p. 230.
[6] York Langenstein, Der Münchner Kunstverein im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Entwicklung des Kunstmarkts und des Ausstellungswesens, Munich 1983, p. 6.
[7] Stephan Dillemuth, Helmut Draxler, Nikolaus Pevsner, Die Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen. In: Stephan Dillemuth (ed.), Akademie, Munich 1995, pp. 8–35, here: p. 21.
[8] Friedrich Schiller, On the Aesthetic Education of Man. In: Collected Works, Volume 5, Munich 1962, pp. 570–669, here: p. 579. Quoted after: Langenstein, p. 11.
[9] Langenstein, p. 12.
[10] Cf. Alice Creischer, Das Genie als Bedürfnis der bürgerlichen Gesellschaft. In: Stephan Dillemuth (ed.), Akademie, Munich 1995, pp. 82–102.
[11] Ibid., p. 12 f.
[12] Walter Grasskamp, Die Einbürgerung der Kunst. Korporative Kunstförderung im 19. Jahrhundert. In: Jutta Dresch and Wilfried Rößling (eds.), Bilder im Zirkel. 175 Jahre Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1993, pp. 19–24, here: p. 19.
[13] Langenstein, p. 61 f.
[14] Ibid., p. 216.

Literature:

Creischer, Alice: Das Genie als Bedürfnis der bürgerlichen Gesellschaft. In: Stephan Dillemuth (ed.): Akademie, Munich 1995, pp. 82–102.

Demirovic, Alex: Kultur für alle – Kultur durch alle. Demokratische Kulturpolitik und soziale Transformation. In: Texte zur Kunst, Nr. 12, Cologne 1993, pp. 39–52. Quoted after: Inge Westphal, Martin Freitag, Die Kunstakademie und ihr Zusammentreffen mit dem herrschenden Sozialen. In: Stephan Dillemuth (ed.): Akademie, Munich 1995, pp. 110–157.

Dath, Dietmar, Kirchner, Barbara: Der Implex: Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee, Berlin 2012.

Diederichsen, Diedrich: Musikzimmer. Cologne 2005.

Dillemuth, Stephan, Draxler, Helmut, Pevsner, Nikolaus: Die Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen. In: Stephan Dillemuth (ed.): Akademie, Munich 1995, pp. 8–35.

Grasskamp, Walter: Die Einbürgerung der Kunst. Korporative Kunstförderung im 19. Jahrhundert. In: Jutta Dresch and Wilfried Rößling (eds.): Bilder im Zirkel. 175 Jahre Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1993, pp. 19–24.

Grasskamp, Walter: Die unbewältigte Moderne. Kunst und Öffentlichkeit, Munich 1994.

Hahl, Werner: Art. „Gattungspoetik“. In: Volker Meid (ed.): Sachlexikon Literatur, Munich 2000, pp. 308–12.

Kaschuba, Wolfgang: Kunst als symbolisches Kapital. In: Peter Gerlach (Hrsg.): Vom realen Nutzen idealer Bilder. Kunstmarkt und Kunstvereine, Aachen 1994, pp. 9–20.

Kunstverein München (ed.): 150 Jahre Kunstverein. Dokumentationen zur Frühgeschichte des Kunstvereins. Jahresgaben des Kunstvereins 1825 bis 1973/74, Munich 1974.

Kunstverein Protocol, Munich 1824.

KVB (Reports on the holdings and the work of the Kunstverein in Munich), first half year 1824.

Langenstein, York: Der Münchner Kunstverein im 19. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Entwicklung des Kunstmarkts und des Ausstellungswesens, Munich 1983.

Lenin: The Great Initiative. In: Collected Works, Volume 29, Berlin 1984, pp. 397–424.

Marx, Karl and Engels, Friedrich: Manifesto of the Communist Party. In: Works, Volume 4, Berlin 1972, pp. 459–93.

Reising, Gert: 1818/1848/1989. Zur Frühgeschichte deutscher Kunstvereine. In: Peter Gerlach (ed.): Vom realen Nutzen idealer Bilder. Kunstmarkt und Kunstvereine, Aachen 1994, pp. 112–25.

Schmitz, Thomas: Die deutschen Kunstvereine im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Neuried 2001.

Steiner, Barbara: Conflicts and collisions among the “acteurs“ in contemporary art institutions. In: Liam Gillick and Maria Lind: Curating with light luggage, Munich, Frankfurt 2005, pp. 53–61.

Tornow, Ingo: Das Münchner Vereinswesen des 19. Jahrhunderts, mit einem Ausblick auf die zweite Jahrhunderthälfte. Phil. Diss., Munich 1976.

unsubscribe

Copyright © 2023 Kunstverein München e.V., All rights reserved.


Kunstverein München e.V.
Galeriestr. 4
(Am Hofgarten)
80539 München

t +49 89 200 011 33
e info@kunstverein-muenchen.de

kunstverein-muenchen.de

facebook instagram