Archiv Newsletter No. 8.4

Der Klassenbegriff im Kunstverein München

Teil 4: Von der Kunst als Waffe zum Saxophon als Waffe gegen Kunst – Frühe 70er und 90er


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Frauentreffen der deutschen Frauenemanzipationsgruppen / Women’s Meeting of the German Women’s Emancipation Groups, Kunstverein München, 1973. Foto / photo: Margarete von Diringshofen. Courtesy Stadtarchiv München / City Archive Munich (FS-NL-DIR-10).

Im vierten und letzten Teil der Newsletter-Reihe zum Klassenbegriff im Kunstverein München schauen wir nochmal schlaglichtartig auf zwei Phasen, die in der Hinsicht auffällig waren: die frühen 70er und die frühen 90er Jahre. Zwar gab es auch später immer wieder Ausstellungen und Veranstaltungen zu „Klasse“ als Thema, aber in beiden Zeiträumen war diese Auseinandersetzung zentral und wurde fast durchgängig auch auf die Institution selbst bezogen. Beide Herangehensweisen haben Ähnlichkeiten, beispielsweise in ihrer Mischung aus Unvereinbarkeit (einmal subjektkritisch gewendet) und Humor.

Nach den bereits ausführlich dokumentierten Streitigkeiten um die Ausstellung Verändert die Welt! Poesie muss von allen gemacht werden! (1970) [1] , die sich zwischen und innerhalb von Kultusministerium, Vorstand und der damaligen Belegschaft um den Direktor Reiner Kallhardt abspielten, übernahm dessen Assistent Haimo Liebich die künstlerische Leitung für die nächsten Jahre. Zusammen mit den neu eingeführten, kollektiver agierenden sogenannten „Arbeitsgruppen“ wird ein Programm entwickelt, das inhaltlich an diese Ausstellung anschließt. Diese hatte als lokale Aktualisierung der dort gezeigten avantgardistischen Kunstströmungen Studierende der Kunstakademie eingeladen, von ihren (im kunsthistorischen Institut der Universität begonnenen) Protesten u.a. gegen die Weiterbeschäftigung von NS-Personal in der Lehre zu berichten. Sie wurde vorzeitig geschlossen und daraufhin dem Kunstverein staatliche Zuwendungen entzogen, da durch sie „Bestrebungen des Terrors und des gewaltsamen Umsturzes mit Steuermitteln, die zur Kunstpflege bestimmt sind“ [2] subventioniert würden.


„tz-Rose“ für die Abwahl des konservativen Vorstandes 20.09.1970 / for the removal of the conservative board of directors September 20, 1970.

Für das 150. Jubiläum 1974 [3] werden das erste Mal ausführlich die frühen Dokumente des Kunstvereins gesichtet, um die Frage zu beantworten, was diese Einrichtung bisher eigentlich für wen ausgemacht hatte. Die Recherchen werden im Eingangsbereich und einer Publikation präsentiert und kommen zu dem Schluss, dass es sich neben ihren frühbürgerlichen, emanzipatorischen Ansprüchen die längste Zeit um eine Institution für Wenige handelt, die sich stark „nach unten“ abgrenzt und an der eigenen Repräsentation als bürgerliche Mitte interessiert ist. Die damaligen Arbeitsgruppen ziehen daraus die Konsequenz, dass es nun an der Zeit sein könnte, es genau andersherum zu machen und die Ausrichtung des Kunstvereins umzudeuten. Die durch das Programm erzeugte Angst, dass nicht mehr „die Interessen a l l e r Mitglieder und des g a n z e n Kunstvereins“ [4] vertreten werden, wird bewusst in Kauf genommen. Statt durch Sponsoring erzeugte Aufgabenstellungen zu erfüllen, sollen unterschiedliche Gruppen in der Stadt angesprochen werden. [5] „Ziel des Kunstvereins München ist nicht mehr die Darbietung von Objekten aus einem eng begrenzten Raum zum privaten Konsum, sondern die Information über alle im Bereich der bildenden Künste auftretenden Erscheinungen in ihrem jeweiligen gesellschaftspolitischen Zusammenhang, mit der Aufgabe, auch Gruppen, die bisher durch die spezielle Art der Auswahl und Darbietung der Objekte ausgeschlossen wurden, in den Informations- und Erfahrungskreis zu integrieren. Man kann das eine Umkehrung der Ziele des KV nennen.“ [6] Immer wieder kommt es in der „Aktivisteninstitution“ [7] zu Streitigkeiten mit dem Kultusministerium um die nun antibürgerliche Programmatik und deren Förderungswürdigkeit – neben Ausstellungen über den Klassenkampf an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten [8] und den im Kunstverein stattfindenden Aktionen wird auch das Personal misstrauisch beäugt. Den teilweise schon im umstrittenen Aktionsraum 1 tätigen neuen Vorstandsmitgliedern wird eine staatsfeindliche Agenda zugetraut. Gelder werden infrage gestellt mit Verweis auf die scheinbar rein politischen Motive des Vereins. „Das war eine großartige Situation, die man sich nur gemeinsam schaffen konnte“, berichtet die Galeristin Barbara Gross über diese Jahre und den Einsatz abseits von Professionen, „denn damals waren wir ja noch nicht professionell.“ [9]


Jannis Karydakis: Abb. aus / Fig. from: ‚Gastarbeiter‘ – zur Lage ausländischer Arbeiter in der BRD / ‘Guest Workers’ – On the Status of Foreign Workers in the FRG. Ausstellungskatalog / Exhibition Catalogue, Courtesy Kunstverein München e.V., 1975.

Die 1971 in Zusammenarbeit mit der DKP organisierte Ausstellung Kunst als Waffe. Die ASSO und die revolutionäre Kunst der 20er Jahre zeigt genau jene antifaschistischen Kunstströmungen, die im Münchner Kunstverein zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht stattfanden. Auch kuratorisch wird versucht, eine Art Gegenteil der Vereinsgeschichte zu entwerfen. Der Kunsthistoriker Richard Hiepe stellt die von Arbeiter*innen und Künstler*innen geprägte Organisation ARBKD, die 1928 gegründet und 1933 verboten wurde, als „Alternative der sozialen Revolution zu allen bürgerlichen Kunstvorstellungen“ [10] vor.

Neben solchen konsequenten Ausstellungen, die ebenfalls zur Streichung von Geldern führen, verwandelt sich die Institution in dieser Zeit auch in eine Art Forum. Die Entwicklung des Kunstvereins hin zu einem Ort, an dem sich politisch linke Bewegungen sammeln, sorgt häufig für Unmut. „Es ist alles unkontrolliert, was in den Räumen des KVM ausgehandelt wird. Jedenfalls für Übernachtungen Halbwahnsinniger sind die Räume nie gedacht gewesen.“ [11] Das Gebäude wird anderweitig genutzt, durch viele unterschiedliche Gruppierungen, beispielsweise als Diskussions- und Versammlungsort im Vorfeld von Protesten. „Die Demonstrationen der Frauenbewegung auf dem Odeonsplatz wurden hier im Kunstverein organisiert, vorbereitet, sie haben sich hier verkleidet, haben sich hier geschminkt und sind von hier raus auf den Odeonsplatz und haben Kardinal Döpfner und die Kirche angegriffen und provoziert und sozusagen den frauenpolitischen Diskurs in die Öffentlichkeit getragen. Der erste deutsche Frauenkongress hat hier im Kunstverein stattgefunden.“ Der Kunstverein war hier „nicht Motor, aber Plattform“ [12] , berichtet der damalige Direktor Haimo Liebich im Gespräch über die Zeit. Beim Frauentreffen der deutschen Frauenemanzipationsgruppen (1973) trafen sich hier mehrere hundert Teilnehmer*innen aus zehn deutschen Städten, um sich über mögliche gemeinsame Strategien zu verständigen.

Mit dem darauffolgenden Geschäftsführer Hans J. Grollmann veranstaltet der Kunstverein u.a. die Dokumentationsausstellung ‚Gastarbeiter‘ – zur Lage ausländischer Arbeiter in der BRD (1975), bei der griechische Arbeiter*innen mit Münchner Akademiestudierenden die Ausbeutung durch deutsche Betriebe, die damit verbundene katastrophale Wohnsituation und „Deutschland als eine Klassengesellschaft“ [13] kritisieren. Die Gefahr, dass diese neuen Gegenstandsbereiche „in bürgerliche Gleise einfahren“ [14] oder sich „in ein Objekt bourgeoiser Gelehrsamkeit“ [15] verwandeln könnten, wird dabei erfolgreich durch viele formale Experimente umschifft, beispielsweise die Einladung eines Kindertheaters zum „Solidaritätsproblem“ oder die Tatsache, dass die Ausstellung anschließend wieder aus der Institution hinaus in den Stadtraum wandert – Teile davon werden in einer griechischen Kneipe gezeigt.


Installationsansicht / Installation view: One Persons Repressed Past Is Another Persons Life in: Cathy Skene & Christoph Schäfer: No Hesitation, No Repetition, Do Deviation. Kunstverein München, 1995. Courtesy Kunstverein München e.V.; Foto / photo: Wilfried Petzi.

„Aber am Münchner Hofgarten muss man nicht bezahlen.“ [16]

Wie ändert sich der Klassenbegriff im Kunstverein bis in die 90er? Einerseits laden auf Kunst bezogene Hoffnungen nicht mehr uneingeschränkt zum Träumen ein. Andererseits ist auch der Begriff der Arbeit nicht mehr positiv aufgeladen. Es wurde langsam klar, „dass ästhetische Motive wie Kreativität, Spontaneität, Originalität nicht mehr einen privilegierten Bereich der Freiheit jenseits reproduktiver Zwänge anzeigen, sondern selbst zu einer derart wichtigen Produktivkraft des kapitalistischen Wirtschaftssystems geworden sind, dass sie sich in entscheidende gesellschaftliche Forderungen verkehrt haben, die für den Einzelnen eher ein Mehr an Zwang denn an Freiheit bedeuten.“ [17] Als 1992 Hedwig Saxenhuber, Helmut Draxler und ihr Umfeld ihre Aktivitäten am Kunstverein aufnehmen, bilden die rassistischen Pogrome in Hoyerswerda, Solingen, Rostock-Lichtenhagen und Mölln eine neu aufgeheizte nationalistische Ausgangssituation, auf die mit einem betont antirassistischen Programm reagiert wird, u.a. durch die bereits besprochene erste „klassische“ Ausstellung des Programms, Xenophobia and the Indexical Present von Adrian Piper, deren Texte und darin entwickelter Klassenbegriff des Unvereinbaren sehr gut zur Richtung der kommenden Jahre passen: „Wenn Ihr Interesse dem reinen Kunstgenuss gilt, dann gehen unsere Interessen auseinander. Wenn es nur dem Kategorisieren gilt, dann widersprechen unsere Interessen einander. Wenn es der Entspannung, dem Suchen neuer Investitionsquellen oder der Erbauung gilt, dann sind unsere Interessen unvereinbar.“ [18] Das Programm beschränkt sich allerdings nicht auf Kunst, sondern sucht die Zusammenarbeit mit Autonomen, antirassistischen Gruppen, losen Gemeinschaften oder Stadtteil-Initiativen [19], mit denen ein Großteil der Inhalte und Aktionen entwickelt wird.

Nicht selten sind die dort entstandenen Zusammenhänge (etwa das Zeitschriften-Kollektiv Hilfe [20]) noch jahrelang aktiv geblieben. Überschneidungen gibt es hierbei auch zu den szeneübergreifenden Wohlfahrtsausschüssen, in denen sich verschiedene Akteur*innen wie Absolute Beginner, Katja Diefenbach, Diedrich Diederichsen, Die Goldenen Zitronen oder Blumfeld engagieren.

Wie die Arbeitsgruppen der frühen 70er Jahre sehen sie sich die Geschichte, Ausrichtung und Entwicklung des Kunstvereins ebenfalls sehr genau an und reagieren aus aktualisierter Perspektive darauf. Die grundlegende Veränderung zwischen den radikalen Ideen der 70er und ihrer institutionellen Gegenwart erkennen sie u.a. in der gestiegenen Professionalisierung. In ihren Recherchen machen sie dies besonders anschaulich durch die Analyse eines erneuten Umbaus des Gebäudes Mitte der 80er. Die archivarische Institutionsanalyse im Rahmen der Gesellschaft des Geschmacks von Andrea Fraser (1993) diagnostiziert nun zwar eine immerhin teilweise Ausdifferenzierung der Mitgliedschaft des Vereins – ebenfalls aber den inzwischen entstandenen Wunsch, sich auf einem internationalen Markt der Institutionen messen und behaupten zu können.

Die von vielen als muffig empfundene und mit lokaler Bedeutungslosigkeit assoziierte Ausstellungsfläche wird 1985 freigelegt: der angeblich stark riechende Teppich und die mittlerweile schmutzige Zwischendecke aus Stahlseil und Plastik-Plane werden entfernt und so die repräsentativen, pseudo-klassizistischen Elemente der Räume [21] betont [22]. Die seit den 70ern angepeilte Funktion eines gesellschaftlichen Austauschs wird in Richtung White Cube verschoben – bereit, mit wichtigen Namen gefüllt zu werden, um beim Kräftemessen der Institutionen nicht außen vor zu bleiben. Im Zuge dessen wird allerdings auch die „Funktion gesellschaftlicher Legitimierung sozialer Unterschiede erfüllt (…).“ [23] Dieser Mechanismus funktioniert laut Andrea Fraser, „weil die in Kunstobjekten vergegenständlichten Kompetenzen und Dispositionen ebensosehr die Kultur der professionellen Teilnehmer am Kunstbetrieb als einer Klasse zum Ausdruck bringen wie die Kultur der Kunstsammler. Und die Kunst-Professionellen haben ein noch größeres Interesse an der Reproduktion ihrer Werte.“ [24]


Fundstück aus dem Archiv / Finding from the archive. (Sommerakademie / Summer Academy, 1994)

Der Kunstverein der frühen 90er hat sich zu dieser gestiegenen Professionalität in allen Bereichen positioniert, was sich z.B. im weitgehenden Verzicht auf bereits ökonomisch etablierte Namen im Programm oder eine Corporate Identity im Publikations-Design widerspiegelt. Dies wird zum Beispiel auch sehr deutlich durch die anti-hierarchische Nennung des involvierten Personals im Impressum und beim teilweise gänzlichen Verzicht auf Autor*innen-Namen in begleitenden Publikationen. Neben einer durchgängigen Problematisierung des mit der „Klasse“ verbunden Begriffs der „Arbeit“ gibt es hier eher Arbeit am Begriff und heute noch zeitgemäße Polemiken gegen zu große Hoffnungen aufs „Ich“ und alles „was als Person gilt.“ [25]

Vieles, was damals in emanzipatorisch verstandener Reaktion auf die zunehmend affirmative Professionalisierung der Institution angegangen wurde, erscheint heute, unter veränderten Voraussetzungen, nach Aussagen der damals Involvierten fast schon als Zwang (bei diesen „Schlagworten“ sei „stets Vorsicht geboten“ [26]). Zu jener Zeit stellten diese Anstrengungen jedoch nicht den Weg des geringsten Widerstands dar, sondern waren getragen von einem Glauben an das Potenzial zur produktiven Veränderbarkeit der Institution, wenn nicht gar des weiter gefassten Kunstbetriebs – und es hat offensichtlich auch noch Spaß gemacht.

Bezüglich der Adressierung des Publikums wurde weder behauptet, dass jede Öffentlichkeit gleichermaßen durch das Programm angesprochen würde, noch nur mit ausschließenden Spezialsprachen hantiert. Viele der damals diagnostizierten Probleme haben sich über die Zeit bestimmt verschärft, weshalb es sich sicher lohnt, auf damals bereits formulierte, wenig plumpe Ideen erneut einzugehen.

Analysen von kolonialistischen Grundannahmen in Film und Theorie (vor allem
Trinh T. Minh-ha
, 1995), in Gegenwartskunst und Design (z.B. Christian Philipp Müller: Vergessene Zukunft, 1992), einflussreiche feministische Ausstellungen (Oh Boy, it's a Girl, 1994 oder Game GRRRL, 1994), bewusst nicht professionalisierte Gruppen-Projekte wie Die Utopie des Designs (1994), das soziale Ansprüche und Wirklichkeiten von Olympiazentrum bis Neuperlach Süd untersuchte, die von Stephan Dillemuth initiierte kollektive Wissensproduktion ohne verkrampften Zwang zur Wissenschaftskommunikation der Sommerakademie (1994) nehmen vieles vorweg, was heute in der Kunst – dann allerdings oft mit verbissenem Ernst – angetroffen werden kann. Die „Umwegrentabilität für die Kunstwelt“ soll vermieden werden und die angesprochene Öffentlichkeit ist „nicht mehr das universalistische Kunstpublikum, das sich jedes Thema ästhetisierend einverleibt, sondern die spezifischen Szenen und Gruppen der Stadt.“ [27] Viele Projekte gehen auch direkt auf Stichworte ein, die der Kunstverein als spezialisiertes Milieu liefert, zum Beispiel in der Auseinandersetzung mit dem bürgerlich-familiären Modell des individuellen Wohnens in Die Arena des Privaten (1993), deren Ergebnisse ebenfalls aktuell klingen: „Schon der gilt heute für politisch, der in der Öffentlichkeit fehlerfrei aufsagen kann, dass er für das Gute und gegen das Böse sei. Der Zerfall des politischen Bewusstseins hat im Gefolge das hartnäckige Querulantentum, die Prozeßsucht und die Kleinstaaterei.“ [28]


Installationsansicht / Installation view: Group Material, Market, Kunstverein München, Infoscreen U-Bahn München, 1995. Courtesy Kunstverein München e.V.; Foto / photo: Wilfried Petzi.

Gleichzeitig und im Lauf der folgenden vier Jahre finden im Kunstverein auch wieder verstärkt Dinge statt, die nichts mit Kunst (oder Eigen-Repräsentation) zu tun haben. „Mitten in der Stadt, inmitten der konkreten Formen der täglichen Langeweile“ [29] werden die Räume, ähnlich wie in den 70ern, kunstfernen Zusammenhängen zur Verfügung gestellt oder für ein Tischtennisturnier angenehm profaniert – in Renée Greens Beitrag zur Sommerakademie wird der heutige Archivraum einfach für jeden beliebigen Zweck vermietet, was auch mal zur Übungsstunde am Saxophon genutzt wird. Dem von der Tagespresse angesichts der kontingent angelegten Programmatik häufig erhobenen Vorwurf der Beliebigkeit muss aus heutiger Perspektive mit dem Hinweis auf die durchaus hart geführten Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Positionierungen innerhalb derselben begegnet werden, deren Ziel es war, nicht vorschnell unterkomplexe Lösungen zu erarbeiten, sondern sich vielmehr in Ambiguitäts-Toleranz zu üben. Auch die stets sehr präsente Theorie verströmt offenbar wenig Seminar-Atmosphäre, liegt „jenseits eines akademischen Spezialistentums“ [30] und stellt nach Erzählungen damals Involvierter auch kein kommodifiziertes Beiprodukt der Kunst dar. Stattdessen entwickelt sich eine kontinuierliche Theorie-Aktivität, mit der in durchaus unterhaltsamer Weise über Begrifflichkeiten gestritten werden kann: „Die Utopie des Cyborg-Kommunismus wendet sich exklusiv an die dünne Schicht der technowissenschaftlichen Intelligenz und vernachlässigt die fortbestehende Realität von Ausbeutung und Arbeitsstumpfsinn.“ [31] bzw. zu Arbeit allgemein: „arbeiten-zu-müssen (…) kommt immer wieder auf den punkt zurück, nicht nur geld verdienen zu müssen – irgendwie –, sondern auch die eigene Organisation oder disziplinierung darauf abzustellen, etwas klarzukriegen, aufzuräumen, nicht zurückzufallen, abzusacken in die nicht geleisteten aufgaben oder pläne.“ [32]

Das Programm polarisierte stark – „aber bei unseren GegnerInnen hatten wir ohnehin bereits verspielt.“ [33] Der Umgang mit den Räumen entsprach der Tendenz, die sozialen Erwartungen der Institution zu verunklaren. Worin bestand die unfade Unbestimmtheit, in die der Kunstverein zu der Zeit überführt wurde? Sie unterscheidet sich von vielen Ansätzen, bei denen „Diskurs so ‚veranstaltet‘ (wird), dass dadurch verhindert wird, dass Denken stattfinden kann (...). Mehr Praxisformen, mehr Differenz, statt schlechte Vermischung. Es ginge eher um die Verteidigung des und statt des als. Nicht Kunst als Theorie, nicht Theorie als Kunst, sondern Kunst und Theorie.“ [34] Dementsprechend fanden auch sehr viele tatsächlich „schöne“ Ausstellungen u.a. von Christopher Williams, Louise Lawler oder IMI Giese statt, die es nicht einfach machten, das Ganze „in ein alternatives Eck abzudrängen. Es ging darum, mit den Kontrasten zu arbeiten, also das Lokale nicht einfach gegen die internationale Kunstwelt bzw. das Politische gegen das Ästhetische, das Aktivistische gegen das Installative zu stellen, sondern darum, möglichst überraschende Verknüpfungen herzustellen. Das heißt, das Publikum sollte nicht wissen, was es erwartet, und dieses Arbeiten an den unterschiedlichen Erwartungshaltungen schien immer auch etwas damit zu tun zu haben, wie der jeweilige Klassen-Habitus adressiert werden konnte.“ [35]

Text: Adrian Djukic
Lektorat: Gloria Hasnay
Herzlichen Dank an Stephan Janitzky, Ingrid Scherf, Doris Würgert und Laura Ziegler

Bei Fragen zum Martina Fuchs Archiv wenden Sie sich gerne an Adrian Djukic über archiv@kunstverein-muenchen.de.

Fußnoten:

[1] Beispielsweise im Rahmen der Talkshow zu Telling Histories, 2003 (Stand: 20.07.2021).
[2] BayHStA, Kultusministerium (MK) 51577, Schreiben des Pressereferats vom 28.08.1970.
[3] Die ersten Ausstellungstätigkeiten nach der Gründung 1823 fanden erst 1824 statt.
[4] BayHStA, Kultusministerium (MK) 51577, Einladung zur Mitgliederversammlung, 28.07.1970.
[5] So der damalige stellvertretende Vorsitzende Frank Thomas Gaulin im Fernsehbeitrag „Grenzland Kunstetat“ des Bayerischen Rundfunks vom 24.11.1971.
[6] Kunstverein München e.V.: 150 Jahre Kunstverein München. Dokumentation zur Frühgeschichte des Kunstvereins. Jahresgaben des Kunstvereins 1826 bis 1973/74, München 1974, S. 12.
[7] So eine Bezeichnung für den Kunstverein in: Kunstverein München e.V.: Andrea Fraser: Eine Gesellschaft des Geschmacks, München 1993.
[8] Z.B. Arte Povera (1971), Eduardo Arroyo (1971) oder Renato Guttuso (1972).
[9] „Interview mit Barbara Gross“, in: Maria Lind et al. (Hrsgg.): Spring Fall 02 - 04, gesammelte Drucksachen, collected newsletters / Kunstverein München, Frankfurt 2005, S. 181–185, hier: S. 185.
[10] Kunstverein München e.V.: Die ASSO und die revolutionäre bildende Kunst der 20er Jahre, München 1971, S. 11.
[11] BayHStA, Kultusministerium (MK) 51577, Brief Baldwin vom 02.02.1971.
[12] Gespräch mit Haimo Liebich im Kunstverein am 03.11.2020.
[13] Karl Stankiewitz: „Heile Welt – triste Welt. Bilder und Dokumente über Gastarbeiter im Münchner Kunstverein“, Münchner Merkur 150 vom 04.07.1975.
[14] Verena von der Heyden-Rynsch (Hrsg.): Riten der Selbstauflösung, München 1982, S. 22.
[15] „Ein Gespräch zwischen Harun Farocki, Georges Didi-Huberman und Ludger Schwarte im Schaulager Basel, 2008. Dispersion und Montage“, https://www.textezurkunst.de/articles/interview-schwarte-farocki-huberman/ (Stand: 28.06.2021).
[16] So die Landshuter Zeitung vom 14.02.1995 zur Ausstellung No Hesitation, No Repetition, No Deviation von Cathy Skene und Christoph Schäfer, bei der sich die Besucher*innen Kleidungsstücke aussuchen konnten, wenn sie im Gegenzug etwas da ließen.
[17] Juliane Rebentisch: Die Kunst der Freiheit. Zur Dialektik demokratischer Existenz, Frankfurt 2012, S. 12.
[18] Adrian Piper: „Some Thoughts on the Political Character of this Situation“, in: Sabine Breitwieser (Hg.): Adrian Piper seit 1965: Metakunst und Kunstkritik, Köln 2002, S. 227–228, hier: S. 228.
[19] Neben der im Archiv Newsletter No.2 vorgestellten ersten europäischen Einzelausstellung von Adrian Piper 1992 etwa FF REW Film – Filme der schwarzen Diaspora in Großbritannien 1975–1989 (1995), aber auch zahlreiche Veranstaltungen, u.a. der Agentur Bilwet (11.02.1994) oder im Rahmen der Sommerakademie (1994).
[20] Die Redaktion bestand u.a. aus Katja Diefenbach, Helmut Draxler, Stephan Gregory, Reinhard Jellen, Pia Lanzinger, Ingrid Scherf, Jürgen Söder, Jan Strzelczyk und Hartwig Tesar. Mehr hierzu unter: https://material-verlag.hfbk-hamburg.de/material/423-die-arbeitinfo (Stand: 16.07.2021). Ebenfalls zu nennen wären hier u.v.a. minimal club (Berlin/München), das Zeitschriftenkollektiv Die Beute oder die Gruppe BüroBert (Düsseldorf).
[21] Jochen Becker: „Vorstädter Raus“, taz vom 03.03.1993.
[22] Interview mit Helmut Draxler in: Fareed Armaly: Parts: Band 1. Arkaden / Eingang. Kunstverein München, 1997, o.S. Die Räumlichkeiten wurden zusätzlich „mit einer faschistoiden Ästhetik angereichert“.
[23] Helmut Draxler: „Das kulturelle Kapital des Kunstvereins“ in: Andrea Fraser: Eine Gesellschaft des Geschmacks., S. 3–23, hier: S. 21.
[24] Andrea Fraser: „Es ist Kunst, wenn ich sage, daß es das ist, oder…“, in: Texte zur Kunst Nr. 20, November 1995, S. 35–40, hier: S. 37.
[25] Presseankündigung zu Game GRRRL (1994).
[26] „Gabi Czöppan und Maribel Königer im Gespräch mit Helmut Draxler: ‚Der Kunstverein wird zum Hörsaal, aber er verkommt dabei nicht…‘“, in: Kunstforum Nr. 115, S. 386–389, hier: S. 387.
[27] Helmut Draxler, Hedwig Saxenhuber: „(Re-)Politisierung und kuratorische Produktion“, in: Bernd Miller, Heike Munder (Hrsgg.): Tatort Kunstverein – Eine kritische Überprüfung eines Vermittlungsmodells, Nürnberg 2001, S. 39–46, hier: S. 46.
[28] Fernsehbeitrag über Die Arena des Privaten im Bayerischen Rundfunk am 14.04.1993.
[29] Agentur Bilwet: „Ursprüngliches Besetzen. Botschaften aus einer autonomen Wirklichkeit“, in: Martin Hoffmann (Hg.): SubversionsReader. Texte zu Politik und Kultur. 10 Jahre ID Verlag, Berlin 1998, S. 11–27, hier: S. 12.
[30] „Kunst und Techno. Performance im Kunstverein“, Süddeutsche Zeitung vom 11.02.1994.
[31] „Kommunismus für Eliten - Toni Negris fröhlicher Operaismus“, Vierte Hilfe. Illustrierte Theorie für das Dienstleistungsproletariat, Winter 1997, S. 39–41.
[32] „Auto*matik – Arbeit, Nicht-Arbeit, Ersatz, happy oder unhappy Lebensunterhalt“, ebd., S. 42–45, hier: S. 42.
[33] Tatort Kunstverein, S. 42.
[34] „21 Jahre nach dem Erscheinen von ‘Zum Zusammenhang’ in Team Compendium spricht MUSS STERBEN mit JULIANE REBENTISCH über ihren Text und was sich seit damals verändert hat”, Europa Muss Sterben #5 2017, o.S.
[35] Gespräch mit Helmut Draxler, 09.07.2021.


Katalog-Cover / Catalog cover: Kunst als Waffe. Die ASSO und die revolutionäre bildende Kunst der 20er Jahre, 1971. Courtesy Kunstverein München e.V.

The Concept of Class at Kunstverein München

Part 4: From Art as a Weapon to the Saxophone as a Weapon against Art – Early 70s and 90s

The fourth and final part of the newsletter series on the concept of class at the Kunstverein München highlights two noteworthy periods in history: the early 70s and the early 90s. There were of course later exhibitions and events that repeatedly addressed the issue of “class,” but in these two time periods, this examination was central and almost always referred to the institution itself. Their approaches to the concept bear similarities—for example, their mixture of contradiction (used in one case to critique the subject) and humor.

After the extensively documented disputes regarding the exhibition Poesie muss von allen gemacht werden! Verändert die Welt! (Poetry must be made by all! Transform the world!) [1] (1970) played out between and within the Ministry of Education and the Arts, the Kunstverein’s board, and the employees at the time under director Reiner Kallhardt, the director’s assistant, Haimo Liebich, took over creative leadership for the next few years. Accompanying the formation of collectively-operating so-called “work groups” under new leadership, a new artistic program was developed that related to this exhibition in its content. As a local update to the avant-garde movements that had exhibited there, this exhibition had invited students from the art academy to report on their protests (begun in the art historical institute of the university) against, among other things, the continued employment of Nazi teaching staff. It was closed prematurely and resulted in state grants being withdrawn from the Kunstverein, since they would subsidize “efforts to promote terror and violent overthrow with tax revenue intended for the preservation of art.” [2]

For its 150th anniversary in 1974 [3], the Kunstverein’s early documents were examined in detail for the first time in order to answer the question of whom this institution had actually served with its actions so far. The research findings are presented in the entrance area and in a publication. They come to the conclusion that, aside from its early-bourgeois, emancipatory claims, the Kunstverein has, for the longest time, been an institution in service of the few. It differentiates itself strongly “from below” and is interested in its own representation as part of the bourgeois middle-class. The working groups of the time draw the conclusion that now could be the time to change this and to reverse the direction of the Kunstverein. The fear generated by this artistic program that “the interests of a l l the members and the e n t i r e art association” [4] will no longer be represented is consciously taken into account. Rather than carrying out tasks generated through sponsorship, the Kunstverein should reach out to different groups in the city. [5] “The objective of the Kunstverein München is no longer the presentation of objects from a tightly restricted space for private consumption. It is rather to integrate information about all phenomena occurring in the fine arts with their respective socio-political contexts into circles of information and experience with the purpose of including groups that were previously excluded through a specific type of selection and presentation of objects. One could call this a reversal of the KV’s goals.” [6] Again and again there are disputes between the “activist institution” [7] and the Ministry of Culture about the anti-bourgeois program and whether or not it should be supported—in addition to exhibitions about the class struggle in various places and times [8] and the actions taking place in the art association, the staff is also viewed with suspicion. The new board members, some of whom are already active in the controversial Aktionsraum 1 (Action Area 1), are presumed to have an agenda hostile to the state. Funding is put into question due to the ostensibly clearly political motives of the association. “That was a great situation that you could only create together,” reports gallerist Barbara Gross about these years and the commitment outside of professions, “because we weren't professional back then.” [9]

The exhibition Kunst als Waffe. Die ASSO und die revolutionäre bildende Kunst der 20er Jahre (Art as a Weapon. The ASSO and the Revolutionary Visual Arts of the 20s) was created in collaboration with the DKP (German Communist Party) in 1971. This exhibition showed exactly those anti-fascist art movements that did not take place at the Munich Kunstverein at the time of their inception. Curatorial attempts are also made to create a kind of antithesis to the association’s history. The art historian Richard Hiepe presents the organization ARBKD—shaped by workers and artists, founded in 1928 and banned in 1933—as “the social revolution’s alternative to all bourgeois notions of art.” [10]

In addition to such resolute exhibitions, which also lead to the cancellation of funds, the institution also transformed into a kind of forum during this time. The Kunstverein’s development into a place where left-wing political movements gather often causes dissatisfaction. “Everything that is negotiated in the KVM rooms is uncontrolled. In any case, the rooms were never intended for overnight stays by half-mad people.” [11] The building is used for other purposes by many different groups, for example as a discussion and meeting place in advance of protests. “The women’s movement’s demonstrations at Odeonsplatz were organized and prepared here in the Kunstverein - they dressed up here, put on make-up here, and went out to Odeonsplatz from here and attacked and provoked Cardinal Döpfner and the church and, so to speak, carried women’s political discourse into the public sphere. The first German women’s congress took place here in the Kunstverein.” The Kunstverein was “not a motor, but a platform” [12], reports then-director Haimo Liebich in an interview about the time. At the Women’s meeting of the German Women’s Emancipation Groups in 1973, several hundred participants from ten cities convened to settle on possible collective strategies.

With the subsequent managing director Hans J. Grollmann, the Kunstverein organizes, among other things, the documentary exhibition ‘Guest Workers’ – On the Status of Foreign Workers in the FRG (1975). In the exhibition, Greek workers together with Munich academy students criticize worker exploitation by German companies and the associated catastrophic housing situation, as well as “Germany as a class society.” [13] The danger that these new subject areas could “drive into bourgeois tracks” [14] or turn into “an object of bourgeois scholarship” [15] is successfully avoided through many formal experiments, for example the invitation of a children’s theater to explain the “solidarity problem,” or the fact that the exhibition subsequently wanders out of the institution into the urban space; parts of it are shown in a Greek pub.


Installationsansicht / Installation view: 15 Jahre 1980, Kunstverein München, 1995. Courtesy Kunstverein München e.V., Foto / photo: Ingrid Scherf.

“But you don’t have to pay at the Munich Hofgarten.” [16]

How does the concept of class change at the Kunstverein up until the 90s? On the one hand, art no longer invites unrestricted dreaming. On the other hand, the concept of work is no longer positively charged. It slowly became clear “that aesthetic motives such as creativity, spontaneity, and originality no longer indicate a privileged area of freedom beyond constraints related to reproduction, but have themselves become such an important productive force of the capitalist economic system that they have turned into decisive social demands, which means more coercion than freedom for the individual.” [17] When Hedwig Saxenhuber, Helmut Draxler, and their milieu took over the Kunstverein in 1992, the racist pogroms in Hoyerswerda, Solingen, Rostock-Lichtenhagen, and Mölln created a newly heated nationalist initial climate to which the Kunstverein responded with an emphatically anti-racist artistic program. This program included the aforementioned “classic” exhibition, Xenophobia and the Indexical Present by Adrian Piper, whose texts and the class concept of incompatibility developed within them, fit very well with the direction of the coming years: “If what you are interested in is the pure enjoyment of art, then our interests diverge. If it is just categorization, then our interests contradict one another. If it concerns relaxation or the search for new sources of investment or edification, then our interests are incompatible.” [18] Indeed, the program is not limited to art, but seeks cooperation with autonomous, anti-racist groups, loose communities, or neighborhood initiatives with which a large part of the content and operations are developed. [19] It is not uncommon for the connections that emerged there (such as with the magazine collective Hilfe) to remain active for years. There is also overlap with intersectional Wohlfahrtsausschüsse (welfare committees), in which various actors such as Absolute Beginner, Katja Diefenbach, Diedrich Diederichsen, Die Goldenen Zitronen, or Blumfeld are involved.

Like the working groups of the early 1970s, they also take a very close look at the history, direction, and development of the Kunstverein and react to it from an updated perspective. They identify the fundamental change between the radical ideas of the 70s and their institutional present as, among other things, increased professionalization. They make this particularly clear in their research by analyzing a new renovation of the building in the mid-80s. The archival analysis of the institution in the context of the The Society of Taste by Andrea Fraser (1993) now diagnoses at least a partial diversification of the association’s membership—but also the Kunstverein’s desire to be able to compete and assert itself in an international market of institutions.

The exhibition area, felt by many to be musty and associated with local insignificance, was exposed in 1985: the apparently strong-smelling carpet and the now dirty false ceiling made of steel cable and plastic tarpaulin were removed, thus emphasizing the representative, pseudo-classical elements [21] of the rooms [22]. The function of social exchange aimed at since the 1970s is being shifted in the direction of the white cube—ready to be filled with important names so as not to be left out in the competition between institutions. In the course of this, however, the “function of societal legitimization of social differences (...)” [23] is fulfilled. According to Andrea Fraser, this mechanism functions “because the competencies and dispositions reified in art objects express the culture of the professional participants in the art business as a class as they do the culture of art collectors. And the art professionals have an even greater interest in the reproduction of their values.” [24]

The Kunstverein of the early 90s positioned itself with this increased professionalism in all areas. This is reflected, for example, in the extensive renouncement of names in the program that had already been economically established, or of a corporate identity in publication design. This is also made very clear, for example, by the anti-hierarchical naming of the staff involved in the imprint and in some cases the complete eschewal of authors’ names in accompanying publications. In addition to a consistent problematization of the concept of “work” associated with “class,” there is more work on the concept and contemporary polemics against too-high hopes placed on “I” and everything “that is considered a person.” [25]

Much of what was then approached with an emancipatory reaction to the increasingly affirmative professionalization of the institution appears today, under changed conditions. According to the statements of those involved at the time, this almost certainly occurs out of compulsion (“always be careful” with these “buzzwords” [26]). At that time, however, these efforts were not the path of least resistance, but were rooted in a belief in the potential for productive change in the institution, if not in the wider art world—and it was obviously fun too.
With regard to addressing the audience, the Kunstverein neither claimed to address every public equally, nor did they handle the program with exclusive specialized language. Many of the problems diagnosed back then have certainly worsened over time, which is why it is certainly worthwhile to go back to the not-too-clumsy ideas that were already formulated at the time.

Analyses of underlying colonialist assumptions in film and theory (especially Trinh T. Minh-ha 1995, in contemporary art and design (e.g. Christian Philipp Müller: Vergessene Zukunft 1993, influential feminist exhibitions Oh Boy, it's a Girl 1994, Game GRRRL 1994, deliberately unprofessional group projects such as Die Utopie des Designs (1994), which examined social demands and realities from the Olympiazentrum to Neuperlach Süd, and in the collective knowledge production initiated by Stephan Dillemuth without the constraining pressure of academic communication at the Summer Academy in 1994 anticipate much of what is happening today—often with dogged seriousness—in art. “Indirect profitability for the art world” is to be avoided and the addressed public is “no longer the universalistic art audience that assimilates every topic in an aesthetic manner, but the specific scenes and groups of the city.” [27] Many projects also deal directly in buzzwords that the Kunstverein, as a specialized milieu, delivers. One example of this is the conversation around the bourgeois family model of individual housing in Die Arena des Privaten (The Arena of the Private) (1993), whose findings also sound current: “A person is already considered political if he can state faultlessly in public that he is for good and against evil. The collapse of political consciousness has resulted in stubborn grumbling, an addiction to lawsuits, and sectionalism.” [28]

At the same time and in the course of the following four years, things are increasingly taking place in the Kunstverein that have nothing to do with art (or self-representation). “In the middle of the city, in the midst of the concrete forms of daily tedium” [29], the rooms are made available, similar to the 70s, for art-free activities, or pleasantly profaned for a table tennis tournament—in Renée Green’s contribution to the Sommerakademie, today’s archive room becomes rented for arbitrary purposes, at one point being used for saxophone lessons. Viewed from today’s perspective, the accusation of arbitrariness often levelled by the daily press must be countered by referencing the intense arguments between different positions within the Kunstverein, whose aim was not to rashly work out less-than-complex solutions, but to practice a tolerance of ambiguity. This theory, which is always very present, evidently does not exude much of a seminar-atmosphere. It lies “beyond academic specialization” [30] and, according to accounts from those involved at the time, does not constitute a commodified by-product of art. Instead, a continuous theory-activity develops, with which one can argue about terminology in a thoroughly entertaining way: “The utopia of cyborg-communism exclusively addresses the thin layer of technoscientific intelligence and neglects the ongoing reality of exploitation and stupor brought on by labor.” [31] One could also argue about work in general: “To-have-to-work (...) always comes back to the point not only to have to earn money—somehow—but also to focus your own organization or discipline on getting something clear, tidying up, not falling behind and sinking into tasks or plans that have not been completed.” [32]

The program polarized strongly—“but we had already gambled with our opponents anyway.” [33] The way the rooms were handled corresponded to the tendency to obscure the institution’s social expectations. Wherein lay the exciting indeterminacy into which the Kunstverein was transformed at the time? The Kunstverein differentiates itself from many approaches in which “discourse is ‘organized’ in such a way that it prevents thinking from taking place (...) More forms of practice, more difference, instead of poor amalgamation. It would be more about defense of one thing and another instead of defending one thing rather than another. Not art as theory, not theory as art, but art and theory.” [34] Accordingly, there were also very many truly “nice” exhibitions by Christopher Williams, Louise Lawler, or IMI Giese, among others, that didn’t make it easy to “push the whole thing into an alternative corner. The aim was to work with contrasts, i.e., to not simply set the local against the international art world or the political against the aesthetic, the activistic against the installative, but rather to create connections that were as surprising as possible. That means the audience shouldn’t know what to expect, and this work on different expectations always seemed to have something to do with how a respective class habitus could be addressed.” [35]

Text: Adrian Djukic
Translation and Editing: Annabelle Berghof and Gloria Hasnay
Many thanks to Stephan Janitzky, Ingrid Scherf, Doris Würgert, and Laura Ziegler

If you have any questions about the Martina Fuchs Archive, please contact Adrian Djukic via archiv@kunstverein-muenchen.de.

Footnotes:

[1] For example, in the context of the talk show on Telling Histories, 2003 (accessed July 20, 2021).
[2] BayHStA, Ministry of Culture (MK) 51577, letter from the press department dated August 28, 1970.
[3] The first exhibition activities after the foundation in 1823 did not take place until 1824.
[4] BayHStA, Ministry of Culture (MK) 51577, invitation to the general meeting, July 28, 1970.
[5] According to the then deputy chairman Frank Thomas Gaulin in the television report “Grenzland Kunstetat” of the Bayerischer Rundfunk, November 24, 1971.
[6] Kunstverein München e.V.: 150 Jahre Kunstverein München. Dokumentation zur Frühgeschichte des Kunstvereins. Jahresgaben des Kunstvereins 1826 bis 1973/74 (Munich: Kunstverein München, 1974), p. 12.
[7] Such a designation for the Kunstverein in: Kunstverein München e.V.: Andrea Fraser: A Society of Taste, Munich 1993.
[8] E.g. Arte Povera (1971), Eduardo Arroyo (1971) or Renato Guttuso (1972).
[9] “Interview with Barbara Gross,” in: Maria Lind et al. (eds.): Spring Fall 02 - 04, gesammelte Drucksachen, collected newsletters / Kunstverein München (Frankfurt: Revolver, 2005), pp. 181-185, here: p. 185.
[10] Kunstverein München e.V.: Die ASSO und die revolutionäre bildende Kunst der 20er Jahre, (Munich: Kunstverein München, 1971), p.11.
[11] BayHStA, Ministry of Culture (MK) 51577, letter Baldwin dated February 2, 1971.
[12] Conversation with Haimo Liebich at the Kunstverein on November 3, 2020.
[13] Karl Stankiewitz: “Heile Welt - triste Welt. Bilder und Dokumente über Gastarbeiter im Münchner Kunstverein,” Münchner Merkur 150, July 4, 1975.
[14] Verena von der Heyden-Rynsch (ed.): Riten der Selbstauflösung, (Munich: Matthes & Seitz, 1982), p. 22.
[15] “Ein Gespräch zwischen Harun Farocki, Georges Didi-Huberman und Ludger Schwarte im Schaulager Basel, 2008.
Dispersion und Montage,” textezurkunst.de/articles/interview-schwarte-farocki-huberman (accessed June 28, 2021).
[16] Thus the Landshuter Zeitung of February 14, 1995 on the exhibition No Hesitation, No Repetition, No Deviation by Cathy Skene and Christoph Schäfer, in which visitors could choose pieces of clothing if they left something in return.
[17] Juliane Rebentisch: The Art of Freedom: On the Dialectics of Democratic Existence, (Polity: Milton, 2016), p. 12.
[18] Adrian Piper: “Some Thoughts on the Political Character of this Situation”, in: Sabine Breitwieser (ed.): Adrian Piper seit 1965: Metakunst und Kunstkritik, (Cologne: Walther König, 2002), pp. 227-228, here: S. 228.
[19] Besides the first European solo exhibition of Adrian Piper in 1992 presented in the Archive Newsletter No.2, for example, FF REW Film - Films of the Black Diaspora in Great Britain 1975-1989 (1995), but also numerous events, among others the Agentur Bilwet (February 11, 1994) or as part of the Summer Academy (1994).
[20] The editorial team consisted of Katja Diefenbach, Helmut Draxler, Stephan Gregory, Reinhard Jellen, Pia Lanzinger, Ingrid Scherf, Jürgen Söder, Jan Strzelczyk, and Hartwig Tesar, among others. More on this: material-verlag.hfbk-hamburg.de/material/423-die-arbeitinfo (accessed July 16, 2021). Also to be mentioned here are, among others, minimal club (Berlin/Munich), the magazine collective Die Beute, or the group BüroBert (Düsseldorf).
[21] Jochen Becker: “Vorstädter Raus”, taz, March 3, 1993.
[22] Interview with Helmut Draxler in: Fareed Armaly: Parts: Volume 1. arcades / entrance. (Munich: Kunstverein München, 1997), o.p. The premises were additionally “enriched with a fascistoid aesthetic.”
[23] Helmut Draxler: “The Cultural Capital of the Kunstverein,” in: Andrea Fraser: A Society of Taste, pp. 4-22, here: p. 20.
[24] Andrea Fraser: “It is art when I say it is, or...,” in: Texte zur Kunst No.20, November 1995, pp. 35-40, here: p. 37.
[25] Press announcement on Game GRRRL (1994).
[26] “Gabi Czöppan und Maribel Königer im Gespräch mit Helmut Draxler: ‘Der Kunstverein wird zum Hörsaal, aber er verkommt dabei nicht…’”, in: Kunstforum No.115, pp. 386-389, here: p. 387.
[27] Helmut Draxler, Hedwig Saxenhuber: “(Re-)Politisierung und kuratorische Produktion,” in: Bernd Miller, Heike Munder (eds.): Tatort Kunstverein - eine kritische Überprüfung eines Vermittlungsmodells, (Nuremberg: Verlag für moderne Kunst, 2001), pp. 39-46, here: p. 46.
[28] Television report on Die Arena des Privaten on Bayerischer Rundfunk, April 14, 1993.
[29] Bilwet Agency: “Ursprüngliches Besetzen. Nachrichten aus einer autonomen Wirklichkeit,” in: Martin Hoffmann (ed.): SubversionsReader. Texte zu Politik und Kultur. 10 Jahre ID Verlag, (Berlin: Edition ID-Archiv, 1998), pp. 11-27, here: p. 12.
[30] “Kunst und Techno. Performance im Kunstverein,” Süddeutsche Zeitung, February 11, 1994.
[31] “Kommunismus für Eliten - Toni Negri's fröhlicher Operaismus,” Vierte Hilfe. Illustrierte Theorie für das Dienstleistungsproletariat, Winter 1997, pp. 39-41.
[32] “Auto*matik – Arbeit, Nicht-Arbeit, Ersatz, happy oder unhappy Lebensunterhalt,” ibid., pp. 42-45, here: p. 42.
[33] Tatort Kunstverein, p. 42.
[34] “21 Jahre nach dem Erscheinen von ‘Zum Zusammenhang’ in Team Compendium spricht MUSS STERBEN mit JULIANE REBENTISCH über ihren Text und was sich seit damals verändert hat,” Europa Muss Sterben #5 2017, o.p.
[35] Conversation with Helmut Draxler, July 9, 2021.

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