September / Oktober 2020
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Not Working
Künstlerische Produktion und soziale Klasse / Artistic production and matters of class
12. September – 22. November 2020 / September 12 – November 22, 2020Eröffnungstage: 10. – 13. September, 12–18 Uhr / Opening Days: September 10 – 13, 12–6pm
Ausstellung mit / Exhibition with
Adrian Paci, Angharad Williams, Annette Wehrmann, Gili Tal, Guillaume Maraud, Josef Kramhöller, Laura Ziegler & Stephan Janitzky, Lise Soskolne, Matt Hilvers, Stephen Willats
Filmprogramm mit / Film program with
Agnès Varda, Ayo Akingbade, Barbara Kopple, Berwick St Collective, Laura Poitras & Linda Goode Bryant, Max Göran; Lucrecia Martel ausgewählt von / selected by Nadja Abt; sowie Filme ausgewählt von / and films selected by Simon Lässig
Begleitprogramm mit / Accompanying program with
Cana Bilir-Meier & Gürsoy Doğtaş, NewFutures, Phasenweise nicht produktiv / Periods of Non-Productivity, Ramaya Tegegne, Tirdad Zolghadr
DE
Der Kunstverein München präsentiert das Projekt Not Working – Künstlerische Produktion und soziale Klasse, welches Künstler*innen, Theoretiker*innen und Autor*innen zusammenbringt, die in ihrer Praxis die gegenseitige Bedingtheit von künstlerischer Produktion und sozialer Klasse verhandeln. Jede Form, auch die künstlerische, ist Terrain für die Verhandlung von Klassenverhältnissen. Formensprache ist dabei immer auch lesbar in Bezug auf Privilegien und ökonomische Zusammenhänge, die bestimmten Materialien, inhaltlichen Auseinandersetzungen und (Re-)Präsentationsmodi eingeschrieben sind und sie durchziehen.
Die komplexen Strukturen und Verschärfung sozialer Ungleichheiten – besonders deutlich geworden im Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie – haben zu unterschiedlichen Verwendungen und Konnotationen des Klassenbegriffes geführt. Soziologisch verstanden als Zuordnung von Individuen zu Gruppierungen innerhalb einer Gesellschaft, hat der Begriff jedoch jenseits von einem ökonomischen auch einen symbolischen Gehalt: Spricht man heute von Klasse, so wird basierend auf ihrer historischen Konstitution zumeist von weißen, vornehmlich männlichen Gruppierungen ausgegangen. Deutlich geworden ist jedoch, dass Klasse den Kategorien von ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht – im Englischen die weitaus geläufigeren Begriffe „race“ und „gender“ – nicht nur inhärent ist, sondern diese Kategorien vielmehr bestimmende Elemente von Klassenverhältnissen darstellen.
Welche Formen nehmen künstlerische Praktiken an und wie geben diese Auskunft über Konditionen, unter denen sie entstanden sind? Die Werke in der Ausstellung sind geprägt durch ein Bewusstsein um die Verflochtenheit von Herkunft, Sozialisierung, Ausbildung und künstlerischer Praxis. Anhand feiner Unterschiede ist fraglich, warum zeitgenössische Kunst zumeist immer noch vor dem Hintergrund einer vermeintlichen „Klassenhomogenität“ präsentiert und diskutiert wird und so Kompliz*in bei der Reproduktion und Verdeckung bestehender Verhältnisse bleibt, die sie eigentlich zu überwinden vorgibt. Der Begriff der Klasse ist auffallend abwesend in Diskursen, die eine politische Relevanz und kritisches Potenzial beanspruchen. Wenn er zum Thema wird, werden die ökonomischen Disparitäten und Ungleichheiten jedoch allzu oft unbeholfen im gleichen Kontext reproduziert.
Der Kunstverein München ist in eines der teuersten städtischen Gefüge eingebunden, welches durch enorm hohe Mieten und Lebenshaltungskosten geprägt und immer weniger in der Lage ist, ein für die kulturelle Produktion förderliches Umfeld zu bieten. Das macht ihn zu einem prädestinierten Ort für die Verhandlung von Fragen nach der Verschränkung von Ökonomien, Kunstproduktion und Repräsentation. In der Ausstellung, einem umfassenden Film- und Begleitprogramm sowie der Publikation geht es darum, den Klassenbegriff produktiv im Hinblick auf seine Verflochtenheit mit künstlerischer Produktion zu betrachten und Impulse zur Auseinandersetzung mit dieser komplexen Materie zu schaffen. Mehr
Das gesamte Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
EN
Kunstverein München presents Not Working – Artistic production and matters of class, a project that brings together artists, theorists, and writers who in their work examine the interdependence of artistic production and social class. Every form, including the artistic, is ground for the negotiation of class relations. A formal language always surpasses the formal: it can be read in relation to privilege and economic contexts that can inscribe and ultimately permeate materials, thematic concerns, and modes of (re-)presentation. The complex structures and substantial rise of social inequalities—particularly visible in light of the current pandemic—have given the concept of class a wide range of connotations. In sociological terms, class can be understood as the ascription of individuals to specific social groupings. Beyond the pure economics, the concept also has symbolic significance: when speaking of class today, it is usually in reference to its historically white and predominantly male constitution. But what has become apparent is that categories of “race” and “gender” are deeply inherent to concepts of class. In fact, these aspects are the determining elements of class relations.
What forms do artistic practices assume, and what do they tell us about the conditions of their production and the lived realities of the producers? The works on view are characterized by a consciousness of how background, education, and artistic practice are inevitably entangled. However, why does contemporary art, in many cases, continue to be presented against the backdrop of supposed “class homogeneity”; remaining complicit in the reproduction and masking of existing conditions which it often claims to overcome. The term “class” is strikingly absent in discourses that assert political relevance and critical potential. When it does become the subject, the economic disparities and inequalities are too often clumsily reproduced in the same context. Kunstverein München forms part of one of Germany’s most expensive urban contexts that is defined by enormously high living costs resulting in a cityscape increasingly unable to provide an environment conducive to cultural production. This context makes it a destined place to discuss the entanglements of economics, representation and the production of art. The exhibition—along with its comprehensive film and accompanying program and the publication—aims to reflect upon how social class affects artistic production, and thus to encourage debate about these interdependent subjects. More
The project is funded by the German Federal Cultural Foundation.
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Publikation / Publication
Not Working
Reader
Mit Beiträgen von / With contributions by
Annette Wehrmann, Dung Tien Thi Phuong, Josef Kramhöller, Laura Ziegler & Stephan Janitzky, Leander Scholz, Lise Soskolne, Mahan Moalemi, Marina Vishmidt & Melanie Gilligan, Steven Warwick
DE
Im Rahmen des Projekts Not Working – Künstlerische Produktion und soziale Klasse erscheint ein umfassender Reader. Die Publikation wird herausgegeben vom Kunstverein München und Archive Books. Sie ist für 15 EUR erhältlich und kann über info@kunstverein-muenchen.de bestellt werden. Mehr
EN
A comprehensive reader is published as part of the project Not Working – Artistic production and matters of class. The book is published by Kunstverein München and Archive Books, and is available for 15 EUR. It can be ordered via info@kunstverein-muenchen.de. More
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Schaufenster am Hofgarten & online
Petra Bauer & SCOT-PEP
Workers!
10. September – 25. Oktober 2020 / September 10 – October 25, 2020
DE
Petra Bauer versteht Film als eine politische und kollektive Praxis. In ihren recherchebasierten Arbeiten befasst sie sich mit unterschiedlichen Formen feminisierter Arbeit und politischer Selbstorganisation sowie ihrer jeweiligen Rolle bei der Konstruktion von Geschichte(n). Der Film Workers! von 2018 ist eine Kooperation der Künstlerin und SCOT-PEP, eine von Sexarbeiterinnen initiierte schottische Organisation, die sich u.a. für die vollständige Entkriminalisierung dieses Berufsstands einsetzt. Gegenwärtige politische und moralische Diskussionen über Sexarbeit neigen dazu, den Arbeiter*innen selbst die Mündigkeit über ihren Beruf und das eigene Leben abzusprechen. Durch seinen kollektiven Ansatz in der Produktion gelingt es dem Film, den Fokus auf komplexe Fragestellungen von Arbeitsrecht und Würde im Kontext dieser Industrie zu legen.
Der Film wird im Rahmen der Onsite- und Online-Serie Schaufenster gezeigt, die seit September 2019 Videoarbeiten in den beiden permanent zugänglichen Räumen der Institution – dem Schaufenster am Hofgarten und der Webseite – präsentiert. Mehr
EN
Petra Bauer considers film as a political and collective practice. In her research-based works, she addresses various forms of feminized labor and political self-organization, and their role in the construction and writing of history. The 2018 film Workers! is a collaboration between the artist and SCOT-PEP, a Scottish sex-worker led organization that, amongst other things, advocates for the full decriminalisation of sex work. Current political and moral discussions on this topic tend to deprive the workers themselves of any agency over their profession and are not informed by the lived experiences of those involved. The film, through its collective approach in the production, manages to focus on complex questions about workers’ rights and dignity in the context of this industry.
The film is on view as part of the onsite and online series Schaufenster. Since September 2019, the series has been presenting video works in the two permanently accessible spaces of the institution—the window display at the Hofgarten and the website. More
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LETZTE TAGE / LAST DAYS
Maria Vedder Künstlerisches Arbeitsfeld oder Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens / The Artistic Work Place or The Secret of Artistic Creation (1981)
DE
Maria Vedder arbeitet seit den 1970er Jahren mit Bewegtbild und seinen Technologien. Bereits in ihren frühen, teils performativen Arbeiten hinterfragte und kommentierte sie gesellschaftliche Konventionen zu Genderfragen. So auch im Film Künstlerisches Arbeitsfeld oder Das Geheimnis des künstlerischen Schaffens, in dem sie als Performerin vorhandene und inszenierte Wirklichkeit zusammenbringt. Die Arbeit ist bis 6. September 2020 im Rahmen der Reihe Schaufenster zu sehen. Mehr
EN
Maria Vedder has been working with moving image and its technologies since the 1970s. Already in her early, partly performative video works, she questioned and commented on social conventions in relation to gender issues. This also applies to the film The Artistic Work Place or The Secret of Artistic Creation, in which she as a performer combines existing and staged reality. The work is on view as part of the series Schaufenster through September 6, 2020. More
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Archivraum
ab / from September 2020
DE
Der von Julian Göthe gestaltete Archivraum dient der Aufbewahrung und Auseinandersetzung mit dem Archivmaterial der Institution und steht den Besucher*innen jederzeit offen. Ab September werden ausgewählte Materialien aus der Geschichte des Kunstvereins zu sehen sein, die in Resonanz mit der jeweiligen Ausstellung treten und Bezugnahmen und Brüche ermöglichen.
Zu Not Working werden Dokumente von vergangenen Ausstellungen präsentiert, die sich mit dem Klassenbegriff auseinandergesetzt haben. Bezugspunkte gibt es diesmal u.a. beim Ausstellungsprojekt Gastarbeiter – Zur Situation Ausländischer Arbeiter in der BRD (1975), das im Anschluss in veränderter Form in Schulen und Kneipen fortgesetzt wurde. Klassenzugehörigkeit und Habitus im Gefüge der Institution Kunstverein thematisierte Andrea Fraser in Eine Gesellschaft des Geschmacks (1993) durch Interviews mit dem Vorstand. Weiteres Material gibt es außerdem von Verändert die Welt! Poesie muß von allen gemacht werden! bzw. Die herrschende Ästhetik ist die Ästhetik der Herrschenden (1970), Die ASSO und die revolutionäre bildende Kunst der 20er Jahre (1971), Uliano Lucas – Fünf Jahre Mailand (1976), sowie Market von Group Material (1995). Ergänzt werden die Archivalien durch einen mehrteiligen Newsletter zum Thema. Mehr
EN
The Archive Space, designed by Julian Göthe, specifically serves as a space to store, preserve, and examine the institution’s archival material, and is open to the public at all times. Starting in September, selected material from the history of the Kunstverein will be on display, entering into resonance with the respective exhibition and allowing for references and ruptures.
During the exhibition Not Working, documents from past shows that have dealt with the concept of class will be presented. Points of reference include the project Guest Workers – On the situation of foreign workers in the FRG (1975), which was subsequently continued in schools and pubs in a modified form. In A Society of Taste (1993), Andrea Fraser addressed the issue of class affiliation and habitus in the context of the Kunstverein as institution through interviews with members of the board. Further material is also being made available, including from Transform the world! Poetry must be made by all! or The Ruling Aesthetics is the Aesthetics of the Ruling (1970), The ASSO and the Revolutionary Art of the 1920s (1971), Uliano Lucas - Five Years in Milan (1976), and Market by Group Material (1995). The archival materials are accompanied by a multi-part newsletter on the subject. More
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Writers Residency
Studio for Propositional Cinema
September und Oktober 2020 / September and October 2020
DE
Wir freuen uns, das Studio for Propositional Cinema als nächste Teilnehmer*innen der Writers Residency im Ebenböckhaus vorzustellen. Das Programm ist eine Kooperation zwischen dem Kunstverein München und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Das Studio for Propositional Cinema wurde 2013 gegründet. Durch Sprache, Aktionen und Sound, sowie Publikation und Ausstellung versucht das Kollektiv, Kultur aus ihrem Netzwerk ideologischer Formationen in einen Dialog hypothetischer Gesten zu überführen. Mehr
Studio for Propositional Cinema sind nach der britischen Kritikerin und Kuratorin Alexandra Symons Sutcliffe und dem iranischen Autor und Wissenschaftler Mahan Moalemi die dritten Resident*innen dieses Programms.
EN
We are delighted to announce Studio for Propositional Cinema as the next participants of the Writers Residency at Ebenböckhaus. The program is a cooperation between Kunstverein München and the Department of Arts and Culture of the City of Munich. Studio for Propositional Cinema was inaugurated in 2013 with a public call to action. Through language, actions, and sounds, as well as publication and exhibition, they seek to reconfigure culture from a network of ideological formations into a dialogue of hypothetical gestures. More
Studio for Propositional Cinema are the third residents after the British critic and curator Alexandra Symons Sutcliffe and Iranian author and researcher Mahan Moalemi.
</br>Weiteres Programm / Further program
Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen finden Sie auf unserer Webseite. Aufgrund der aktuellen Umstände bitten wir um jeweilige Anmeldung unter info@kunstverein-muenchen.de. /
Further information on all events can be found on our website. Due to the current situation, we kindly ask you to register for each event via info@kunstverein-muenchen.de.