Am 3. Dezember 2016 um 16 Uhr präsentiert der Kunstverein München im Rahmen der Jahresgaben-Ausstellung 2016 das Artists' Parents Meeting von Darius Mikšys.
Mikšys hat alle Eltern der ausstellenden Künstlerinnen und Künstler zu einer privaten Diskussion eingeladen, die sich um deren Rolle als Künstler drehen wird, deren Kunstwerke – ihre Kinder – die Künstler in der Ausstellung sind.

Diese Veranstaltung wird exklusiv für die Eltern der Künstlerinnen und Künstler der Jahresgaben 2016 organisiert. Bitte kontaktieren Sie den Kunstverein München unter jahresgaben@kunstverein-muenchen.de für mehr Informationen und falls Sie daran teilnehmen möchten. Erfrischungen werden bereit gestellt.

Liebe Eltern meiner sehr geschätzten deutschen Kolleginnen und Kollegen,

ich würde Sie gerne zu einer Veranstaltung einladen, bei der Sie Ihre kunstschaffenden Kinder selbst als ein Kunstwerk kennenlernen werden. Am 2. Dezember 2016 wird der Kunstverein München seine jährliche Jahresgaben-Ausstellung eröffnen, wo eine Auswahl der Werke Ihrer Kinder und Objekte von über 70 anderen zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die in München leben und arbeiten, gezeigt werden. Am 3. Dezember 2016 wird um 16 Uhr im Rahmen dieser Ausstellung eine Diskussionsrunde mit den Eltern der Künstler stattfinden, zu der ich Sie hiermit herzlich einladen möchte. Ich hoffe, Sie werden meiner Einladung zu diesem Artists’ Parents Meeting folgen, wo Sie dann die Gelegenheit haben werden, mit den anderen Eltern der Münchner Kunstschaffenden Bekanntschaft zu schließen.

Der Ausstellungsraum wird voll von den Kunstwerken Ihrer Kinder sein und wir werden an einem mit Erfrischungen gedeckten Tisch zusammenkommen und nebeneinander Platz nehmen, wie auch die Arbeiten Ihrer Kinder im Raum ihren Platz nebeneinander gefunden haben. Vielleicht ruft dies die Erinnerung daran wach, als Sie zum ersten Mal mit dem Dilemma konfrontiert waren: einen künstlerischen Weg einzuschlagen, für sich selbst oder für die Kinder. Oder beides? Oder wollten Ihre Kinder von Beginn an kein ’normales’ Leben im landläufigen Sinn und Sie haben sich entschlossen, sie in ihren Ansichten zu unterstützen? Vielleicht ist es aber auch völlig anders abgelaufen, und trotzdem haben wir ähnliche Resultate – wie wir sehen werden an ihren zusammen ausgestellten Werken, jedes für sich eigentümlich, aber doch auch vertraut oder sich tatsächlich ähnelnd.

So wie wir an diesem Nachmittag um den Tisch herumsitzen werden, einer fremdartigen Situation ausgeliefert, so werden sich womöglich auch Ihre Kinder manchmal fühlen: ausgeliefert, festgefahren in ihrer künstlerischen Karriere, unsicher, welcher Schritt als nächstes zu tun ist. Als Ausgangspunkt für unsere Diskussion könnten wir darüber spekulieren, wie wir ’bessere Künstler hervorbringen könnten’.

Beim ersten Artists’ Parents Meeting 2007 hatte ich schlichtweg die Idee, den Eltern der Künstler selbst eine Anerkennung als Künstler zu geben, deren Werke – ihre Kinder – die Künstler der Ausstellung sind. Ich schrieb damals:

„Irgendwann Anfang der 1980er saß ich auf dem Beifahrersitz des Autos meiner Familie und hielt eine Reihe von neuen Kunstwerkzeugen in meinen Händen: eine neue tragbare Staffelei, Temperafarben, Kohlestifte und Pinsel. Ich war 14 und war kurz davor, mich bei einem künstlerischen Gymnasium anzumelden, was jedoch nicht wirklich meinen Wünschen entsprach. Ich sah in mir selbst eher einen Ingenieur als einen Künstler. Meine Mutter war da gänzlich anderer Meinung. Sie vertrat die Ansicht, dass das Ingenieurwesen nur von einer Warte aus attraktiv erscheine, dass es aber in Wirklichkeit nichts anderes als Routine sei. Und sie, die selbst eine Ingenieurin war, schien das zu wissen. Mit diesen neuen Spielsachen in meinen Händen musste ich entscheiden, welchen Weg ich einschlagen wollte. Nun, jetzt bin ich ein Künstler, der die Routine liebt – nicht meine eigene, aber die der anderen. Für mich kommt die Vorstellung von einer Arbeit in einem Büro einem Traum gleich und ich würde meinen Kindern niemals dazu raten, Künstler zu werden, da es in meinen Augen viel Routine ist.

Ich frage mich, welche Motive es sind, die andere Eltern haben, um ihre Kinder in ihrem Künstlerdasein zu unterstützen. Für mich ist es kaum vorstellbar, dass viele von Ihnen nicht ihre Entscheidung beeinflussten: Ein Künstler zu sein bringt einen in eine spezielle Lage, die der nachhaltigen Unterstützung sowohl vonseiten der Familie als auch des Staates bedarf. Tatsächlich bin ich der Ansicht, dass die Eltern, die ihre Kinder in ihrem Künstlerdasein unterstützen, den Künstler erst hervorbringen und dass sie deshalb selbst die unbekannten Künstler sind.
Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn wir miteinander einige der folgenden Fragen diskutieren könnten: Wie ’erschafft’ man einen Künstler? Wo kommen Künstler her? Entscheidet man sich frei für das Künstlerdasein, oder führen bestimmte vordefinierte Qualitäten notwendigerweise dazu? Gibt es bestimmte Einflüsse im Umfeld, die jemanden zum Künstler machen? Haben Menschen, die einen Künstler ’erschaffen’, von sich selbst die Vorstellung ein Künstler zu sein, oder ist es umgekehrt? Wann beginnt man, ein Künstler zu sein? Ist es möglich, dass Lebens- und Karriereentscheidungen den Werdensprozess zum Künstler entweder anstoßen oder ihn beenden?“

Dies wird das 7. Artists’ Parents Meeting sein. Die vorherigen haben in Lyon, Sydney, New York, Vilnius, Cardiff und Brisbane stattgefunden. Ich bin sehr froh, dass ich mich über das Team des Kunstvereins Münchens, den Direktor Chris Fitzpatrick und den Kurator Post Brothers an Sie wenden kann. Sie sind es, die uns freundlicherweise zu diesem Treffen in München eingeladen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Darius Mikšys

1-2
Darius Mikšys, Artists' Parents Meeting, Kunstverein München, 2016. Drawing by S. Zolotuchina. Courtesy of the artist.

0
1
pageview counter pixel