Sondra Perry
phantom. menace.
2023
HD Video, Farbe, Ton
3:29 min
15. März – 28. April 2024
(Schaufenster am Hofgarten & online)
In ihrer Videoarbeit phantom. menace. setzt Sondra Perry neuste KI-Technologie ein, um die Vergangenheit als gespenstische Präsenz herauf zu beschwören und so über Identität, künstlerische Produktion und die Gegenwärtigkeit von Geschichte zu reflektieren.
„Zwei afroamerikanische Männer, einer in seinen 50ern und einer in seinen späten 20ern, stehen inmitten eines überfüllten Friseursalons und geben sich die Hand“. Diese Anweisung hat Perry in die KI gegeben, zusammen mit aktuellen Ausstellungsansichten ihrer New Yorker Galerie Bridget Donahue auf der 99 Bowery, wo phantom. menace. zum ersten Mal gezeigt wurde. Als „SP’s Phantom-Zone“ eingeleitet und zu einem House-Remix getaktet, wiederholt sich die gleiche Szene einer heiteren Begegnung in unterschiedlichen Ausführungen und Kontexten.
Die instruierte, habituelle Begrüßung löst sich bedrohlich im Moment der gegenseitigen Berührung auf; die von der KI illustrierten Gesichter beginnen zu verschwimmen kurz bevor sie als Subjekte erkennbar werden, was an den Versuch erinnert, eine Szene aus einem (wiederkehrenden) Traum rekapitulieren zu wollen. Perry verknüpft diese fiktiven Schauplätze mit realen Orten: In der ersten Szene sehen wir die Künstlerin an einer Skulptur in Form eines Friseurstuhls vorbeigehen, der in ihrer Galerie Bridget Donahue installiert ist. Der Stuhl ist ursprünglich aus Perrys Atelier, einem ehemaligen Friseursalon in Newark. Der im Video gezeigte Galerieraum transformiert sich langsam in verschiedene Friseursalons, in denen sich die oben erwähnten Begegnungen beginnen zu entfalten. Am Ende des Clips verwandelt sich der Salon wieder zurück in den Ausstellungsraum.
Für phantom. menace. gibt Perry einen Teil der künstlerischen Produktion an die KI ab und nutzt diese neuen Technologien, um Fragmente der Vergangenheit in der Gegenwart zu imaginieren und zugleich den Ort der Erinnerung kritisch zu reflektieren: Der Galerieraum als Ort gesellschaftlicher Zusammenkünfte, wird in einen Friseursalon transformiert – ein Beispiel für einen weiteren sozialen Begegnungsraum, der jedoch ganz anders funktioniert – und verwandelt sich wieder zurück. Darüber hinaus hinterfragt die Künstlerin auch die Voreingenommenheit gegenüber der von ihr eingesetzten Technologien und ob sie tatsächlich so „neu“ sind: „Manchmal frage ich mich, ob neue Technologien nur eine Neukonfiguration einer spezifischen Politik sind, einer gewissen Sichtweise, die wir glauben auf diese Dinge zu haben.“ [1] Vielleicht spielt Perry auf diese Weise auf bestimmte, von der KI (re-)produzierte Phantome von Geschlecht, race und Alter an, um sie im Moment ihrer Manifestation wieder aufzulösen.
[1] „Sondra Perry in conversation with Isaac Julien“, in: Sondra Perry, Lineage for a Phantom Zone, 2022, Hrsg. Vibe Called Tech, Muse, the Rolls-Royce Art Programme, in Kollaboration mit Serpentine Gallery, London, Fondation Beyeler, Basel und unterstützt von Bridget Donahue Gallery, S. 65 (Übersetzung der Redaktion).
—
Tonspur: Künstlerische Bearbeitung des House-Mixes (komponiert von Todd Terry) von Meli'sa Morgans Cover von „Still in Love“, ursprünglich von Al Green; Die Bilder wurden mit DALL-E. anhand mehrerer Vorgaben erstellt, wobei die wichtigste lautet: „Zwei afroamerikanische Männer, einer in den 50ern und einer in den späten 20ern, stehen inmitten eines überfüllten Friseursalons und geben sich die Hand.“
Die Videos wurden mit den Schnittprogrammen After Effects, Premiere Pro und dem KI-Videogenerator RunawayML erstellt. Dabei wurden Videos und Bilder verwendet, die die Künstlerin und das Team der Bridget Donahue Gallery aufgenommen hatten, sowie frühere Bilder, die mit den DALL-E-Aufforderungen erstellt wurden. DJ drops by @donaldthevoice on Fiverr.
Videostill: Sondra Perry. phantom. menace., 2023. Courtesy Electronic Arts Intermix (EAI), New York.
Video Courtesy: Electronic Arts Intermix (EAI), New York.
Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.