Von 13. September 2016 bis 8. Januar 2017 zeigt der Kunstverein München im Schaufenster am Hofgarten Unfinished Mandarin – eine wechselnde Ausstellung der Zeichnungen von Gonçalo Pena, die zusammen mit João Maria Gusmão und Pedro Paiva kuratiert wurde.
Gonçalo Pena, der zwischen Lissabon und Bergen pendelt, ist Maler, Filmemacher, Zeichner, Performance-Künstler, Grafik-Designer und Kunstkritiker. Obwohl seine Werke bereits vielerorts in Europa ausgestellt wurden, übte er vermutlich seinen größten Einfluss mit Zeichnungen in einigen der wichtigsten portugiesischen Zeitungen und Magazinen aus (Independente, Publico, Ler, Egoísta, Livros), bei denen er über viele Jahre hinweg als Illustrator und politischer Karikaturist tätig war.
Pena hat nie aufgehört zu zeichnen und stellt fortwährend eine wahre Flut von Bildern her, wobei die meisten jedoch in Schubladen verschwanden. Vor kurzem haben Freunde, Fans und die Künstlerkollegen João Maria Gusmão und Pedro Paiva ihn dazu ermutigt, einige Werke seines überbordenden Schaffens der letzten Jahrzehnte zu veröffentlichen und auszustellen. Indem die zwei Künstler eine Auswahl von Penas Arbeiten kuratieren, fügen sie seiner erstaunlichen und vielfältigen Produktion ihre eigene künstlerische Vision und ihren Enthusiasmus hinzu.
Für Pena ist das Zeichnen nicht einfach nur ein Werkzeug zur Darstellung, sondern auch ein Mittel zur Analyse und Verarbeitung. Pena ist ein Weltenbauer, der sich der Gesamtheit der figurativen Repräsentationen und der realen und fiktionalen Geschichten bedient, um absurde und ikonoklastische Szenerien zu kreieren, die gleichzeitig erotisch, pietätlos, tief philosophisch und von durchdringender Kritik erfüllt sind. In seinen ungerahmten Zeichnungen finden sich Figuren aus der Literatur und Mythologie, der (Kunst-)Geschichte, Philosophie, Popkultur und Politik vereinigt. Sie alle kommunizieren, tauschen Rollen und oft geben sie sich schmutzigen Affären hin. Jede Seite wird zu einer abstrakten Bühne, auf der Hierarchien eingeebnet werden, Vergangenheit und Gegenwart sich kreuzen, die Lebenden den Toten begegnen, Sexualität und Missbrauch eng beieinander liegen und auf der die Unterschiede zwischen Tieren, mythologischen Kreaturen und Menschen entweder getilgt werden oder sie als Anreiz fungieren für speziesübergreifenden Verkehr. Manchmal zeigen sich die Zeichnungen offen politisch oder sie illustrieren einen Begriff oder eine Reihe von Entwicklungen. Dann wieder dienen sie als Träger einer Botschaft und Spielwiese für Gedankenexperimente. Sie zeigen so, wie ein Bild einen Zugang zu den Niederungen der Psyche ermöglichen kann.
Penas Linienführung ist, ähnlich wie die abgebildeten Protagonisten, ständig im Fluss, in einem immerwährenden Zustand des Werdens, also mithin selbst ein Abbild der proteischen Möglichkeiten des Zeichnens. Man erkennt Symbole, Charaktere und mögliche Allegorien, doch eine konkrete Bedeutung stellt sich niemals ein. Dem Betrachter bleibt nichts, als sich mit der Intimität und Unmittelbarkeit des Bildes auseinanderzusetzen. In ihrer beeindruckenden Vielfältigkeit offenbaren einige Bilder Penas zeichnerische Fähigkeiten, während andere bloße Entwürfe aus dem Handgelenk zu sein scheinen, die eine Idee auf schnellstmögliche Weise festhalten wollen. Seine Materialien sind ebenso abwechslungsreich: Er fertigt seine Bilder mit Grafit, Farbstiften, Feder, Pinsel, Wasserfarben und Tinte, manchmal in Verbindung mit handgeschriebenen oder gedruckten Texten, Schlagzeilen und Wendungen auf Portugiesisch, Französisch, Englisch, Deutsch, Griechisch und Norwegisch. Indem sie schier endlose Variationen auf die Welt loslassen, formen diese disparaten Abbildungen mit ihren unterschiedlichen Sujets und darstellerischen Methoden eine Art disjunkte Poesie, die unerwartete Verbindungen schafft.
Für die Ausstellung Unfinished Mandarin präsentieren die Lissaboner Künstler und Pena-Enthusiasten João Maria Gusmão und Pedro Paiva über den Herbst hinweg eine im zweiwöchigen Turnus wechselnde Abfolge von Penas Bildern. Neben vielen anderen Werken werden diese Zeichnungen auch in einem, den Titel der Ausstellung tragenden Buch veröffentlicht, einem Nachfolger des Buchs Monkey Trip (verlegt von Mousse), mit Texten von Gusmão, Paiva, Post Brothers und dem Direktor des Kunstvereins Chris Fitzpatrick. Während die Publikationen eine lineare, fast filmische Sequenz von Penas Zeichnungen abbilden, zeigt die Schaufenster-Ausstellung die Bilder in einer Reihe von verschiedenen Layouts und Gruppierungen, sodass durch diese Nebeneinanderstellung komplexere und vielfältigere Assoziationen entstehen können.
Am 11. Oktober 2016 um 19 Uhr waren zur Eröffnung und der Buchpräsentation der Künstler Gonçalo Pena und seine Kollegen Gusmão und Paiva anwesend.
1, 2:
13. – 27. September 2016
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27. September – 11. Oktober 2016
4, 5:
11. – 25. Oktober 2016
6, 7:
25. Oktober – 8. November 2016
8, 9:
8. – 22. November 2016
Rotation 6:
22 November–6 December 2016
Rotation 7:
6. – 20. Dezember 2016
Rotation 8:
20. Dezember 2016 – 8. Januar 2017

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