Temperatures
Eine Online-Reihe des Bonner Kunstvereins, Kunstverein Nürnberg und Kunstverein München
23. Februar 2021 – 27. Januar 2022
Temperatures ist ein kooperatives Veranstaltungsprogramm mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten und Performances, das die Räume der drei Institutionen um einen gemeinsamen digitalen Raum erweitert.
In den letzten zwölf Monaten haben sich der Bonner Kunstverein, der Kunstverein Nürnberg und der Kunstverein München regelmäßig virtuell zusammengefunden. Es stellte sich die Frage danach, wie Kunstvereine als kollektive, aus Selbstorganisation gewachsene Strukturen einen sinnstiftenden Raum erzeugen können – besonders in einer Zeit, in der solch tiefgreifende Veränderungen auf das öffentliche Leben, Autonomie und zwischenmenschliche Fürsorge einwirken.
Temperatures befasst sich mit dieser Befragung und Reflexion in Form eines einjährigen Programms von Online-Veranstaltungen. Die Reihe versammelt Beiträge von Künstler*innen, Theoretiker*innen, Aktivist*innen und weiteren Mitwirkenden und unternimmt den Versuch, den digitalen Raum nicht nur zu bedienen, sondern auch zu verhandeln. Dabei wechseln die eingeladenen Perspektiven zwischen verschiedenen Dimensionen – vom Systemischen und Strukturellen bis zum Intimen und Persönlichen –, um immer wieder zu einer scheinbar einfachen Aufgabe zurückzugelangen: Wie können wir über die Frage nach einer einfachen Rückkehr zur vermeintlichen Normalität hinaus denken?
Temperatures I
Samo Tomšič: Wachstumszwang
23. Februar, 19 Uhr
Der Philosoph Samo Tomšič widmet sich dem titelgebenden Begriff der „Temperatur“ und wird dessen unterschiedliche Bedeutungen in den Blick nehmen: als objektive Einheit oder aber als Metapher für den relativen Zustand von subjektiven und politischen Realitäten.
Temperatures II
Quinn Latimer: They’re Only Walls, Hush (in englischer Sprache)
31. März, 19 Uhr
Quinn Latimer wird eine Lesung unter dem Titel They’re Only Walls, Hush veranstalten. Die US-amerikanische Autorin setzt sich in ihrer Arbeit mit feministischen Ökonomien des Schreibens, Lesens und der Produktion von Moving-Image auseinander. Latimers Lesung kreist um zwei Texte, die beide Wiederholung als Modus nutzen sowie Geschlecht und Klasse als komplizenhafte Akteur*innen bei der Herstellung und Performance von Sprache betrachten.
Temperatures III
Andreas Malm: Corona, Climate, Chronic Emergency (in englischer Sprache)
28. April, 19 Uhr
Der Klimaaktivist und Humanökologe Andreas Malm wird einen Vortrag mit dem Titel Corona, Climate, Chronic Emergency halten, gefolgt von einem Gespräch. In seinem Vortrag wird Malm seinen Vorschlag reflektieren, diesen Kriegszustand auch permanent auf die anhaltende Frontlinie in der Bekämpfung der Klimaerwärmung anzuwenden. Er wird Vorschläge dazu erörtern, wie die Klimabewegung den gegenwärtigen Notstand nutzen sollte, um Argumente vorzubringen, und das Handeln oder Nicht-Handeln auf staatlicher Ebene zu reflektieren. Dabei wird er Möglichkeiten diskutieren, wie die weitverbreitete Logik umgekehrt werden kann, die der Bekämpfung unmittelbarer Symptome folgt, anstatt die eigentlichen Ursachen zu bekämpfen.
Temperatures IV
Madeleine Bernstorff: Uncertainty
25. Mai, 19 Uhr
Madeleine Bernstorff berichtet von einer Umbruchsituation: dem Gefühl, selbst „mittendrin und Teil des Geschiebes und Gedränges“ zu sein. Die von ihr vorgestellte dokumentarische Filmarbeit über den Umbau des Berliner Grenzbahnhofs Friedrichstraße im Sommer 1990 konstituiert in ihrer eigensinnigen kollektiven West-Ost-Zusammenarbeit eine verschränkte, multiperspektivische Erinnerung, die in ihrer künstlerischen und selbstverständlich feministischen Anlage jene Berührung freilegt, die dieser Zusammenprall zweier Gesellschaften, die Auflösung eines Gesellschaftssystems immer noch mit sich bringt.
Temperatures V
Cecilia Pavón: My own Temporary Autonomous Zone (in englischer Sprache)
29. Juni, 19 Uhr
Cecilia Pavón wird aus ihrer aktuellen Sammlung von Kurzgeschichten Little Joys lesen, die 2021 bei semiotext(e) erschienen ist. Pavóns Erzählungen bewegen sich seit den 1990er Jahren zwischen den Handlungsräumen Berlin und Buenos Aires, in denen sich die Freuden des Alltagslebens der im Hintergrund heranschleichenden Wirtschaftskrise gegenübergestellt sehen. Die Figuren in Little Joys leben oft in und um die Kunst herum, sind Künstlerinnen, Schriftstellerinnen oder Kuratorinnen, Pavón jedoch beschreibt deren Existenz nahezu „unpoetisch“. Scheinbar alltägliche Geschehnisse werden durch die Komplexität der Emotionen jener, die diese fühlen, wahrgenommen, wobei vor allem intime, private Aspekte in den Leben von Pavóns Figuren im Mittelpunkt stehen.
Temperatures VI
Ana Teixeira Pinto (in englischer Sprache)
26. Oktober, 19 Uhr
Die sechste Veranstaltung findet in Form eines Vortrags der Kulturtheoretikerin und Autorin Ana Teixeira Pinto statt. Anliegen des Vortrags ist es, das Erhabene und angrenzende ästhetische Kategorien wie das Exotische oder Groteske aus ihrer ursprünglichen post-aufklärerischen Linie herauszulösen – einer Geschichte ästhetischer Ideen, die vorgeben, ohne schmutzige Verstrickungen an den Orten imperialer Extraktion oder Expansion zu existieren – und die beunruhigende Verquickung von verkörperter und kultivierter Erfahrung zu untersuchen, die der Diskurs der philosophischen Ästhetik als ideologischer Prozess hervorbringt.
Grafikdesign und Code: Studio Anna Cairns
Das Projekt wird gefördert durch das Programm Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, ausgegeben durch den Bundesverband Soziokultur e.V.