Archivraum
seit 29. Februar 2020
In Auseinandersetzung mit den architektonischen Gegebenheiten des Kunstverein München hat der Künstler Julian Göthe einen Archivraum als festen Bestandteil der Institution konzipiert.
Im Vorfeld des zweihundertjährigen Jubiläums in 2023 gibt dieser der Verhandlung sowie der Aufbewahrung der Geschichte einen konkreten Ort. Darüber hinaus wird er zentraler Raum für öffentliche Formate, die in Kooperation mit Archivar*innen, Historiker*innen und Künstler*innen konzipiert werden und mit denen sich der Kunstverein einer kritischen Reflexion der eigenen Geschichte und ihren Leerstellen unterzieht.
Die Zusammenführung von Aufbewahrungs- und Veranstaltungsort erlaubt eine genaue Untersuchung des Auftrags und der Dringlichkeit der Institutionsform im historischen Kontext. Dabei soll es zum einen um die methodologische Frage von zukünftiger Wissensorganisation jenseits der Unterbringung des historischen Materials im Münchner Stadtarchiv gehen. Zum anderen soll der Frage nachgegangen werden, wie man die Aufarbeitung des Archivs mit künstlerischen Arbeiten, die zu einer lebendigen wie komplexen Lektüre der Geschichte einladen, verbinden kann. Nur durch diese Verknüpfung ermöglicht sich eine vielschichtige und subjektive Annäherung an das Archiv.
Mit Blick auf die architektonischen Strukturen des Gebäudes sowie die Programmhistorie hat Julian Göthe (geb. 1966 in Berlin) eine installative Arbeit im 1. OG konzipiert. In seiner künstlerischen Praxis, die Collage, Skulptur, Zeichnung und Installation umfasst, setzt sich Göthe mit epochalen und randständigen kulturgeschichtlichen Abschnitten auseinander. Referenzen auf Gestaltungsideen des Art Déco, Set-Dekoration und eine alltägliche Anwendung modernistischer Formen überlagern sich in seinem Werk und finden sich auch in der Gestaltung des Archivraums wieder. So ist eine raumgreifende künstlerische Arbeit entstanden, welche die Konventionen der Hängung von Kunstwerken in den letzten zwei Jahrhunderten, Raumhierarchien und die Reaktion auf die klassizistische Strenge der Architektur aus dem frühen 19. Jahrhundert befragt. Die skulpturale Behausung des Archivs von Julian Göthe gibt den Dokumenten und dem damit verbundenen Diskurs einen festen Ort im architektonischen und programmatischen Zusammenhang der Institution und bildet dabei sowohl Vorder- als auch Hintergrund, Veranstaltungs- und Bühnenraum für die Verhandlung der Geschichte des Kunstvereins.
Ab September 2020 werden ausgewählte Materialien aus der Geschichte des Kunstvereins im Archivraum zu sehen sein, die in Resonanz mit der jeweiligen Ausstellung treten und Bezugnahmen und Brüche ermöglichen.
Archivraum-Broschüre DE / EN
Interview zwischen Julian Göthe und Quirin Brunnmeier auf gallerytalk.net
Der Archivraum wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung von Holzrausch.
Ansichten: Archivraum im Kunstverein München, 2020; Courtesy Kunstverein München e.V.