Chick Strand
Soft Fiction (1979)
16 mm Filmtransfer, schwarz-weiß, Ton, 54 Minuten

Tägliche Screenings
26. März bis 15. April 2016
Jeweils um 11 Uhr, 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr, 17 Uhr

Abendscreening
1. April 2016, 19–21 Uhr
(Der Film beginnt um 19:30 Uhr. Einführung mit dem Filmkurator des Kunstverein München Vincent Stroep sowie Chris Fitzpatrick)

Eine polyphone Offenlegung erotischer und tabuisierter Erlebnisse, erzählt aus personifizierten weiblichen Perspektiven. Das Meisterwerk Soft Fiction (1979) der amerikanischen Filmemacherin und Pädagogin Chick Strand, ein Schwarz-Weiß-Film von 54 Minuten Länge, ist um eine Reihe von Interviews mit fünf Frauen aufgebaut. Die Frauen, allesamt Künstlerinnen und Intellektuelle, berichten von ihren Fantasien, sexuellen Abenteuern oder Traumata direkt vor der Kamera, und dabei mit einer tiefen Vertrautheit und Ehrlichkeit, die nur Strand fordern konnte.

Im Rückgriff auf ihr Anthropologiestudium produzierte Strand (1931–2009) „Ethnografien von Frauen“, wie sie ihre Arbeiten nannte. Mit diesem einzigartigen Forschungsfeld wurde sie zu einer Schlüsselfigur in experimentellen und unabhängigen Filmkreisen, eine Position die sich noch verstärkte: durch ihre eigenwilligen Kamerabewegungen und ihre Verwendung appropriierter Materialien, durch ihre Vermischung von Avantgarde-Techniken mit den Konventionen des dokumentarischen und des ethnografischen Films sowie durch ihre Fähigkeit, die Erlebnisse anderer zu vermitteln, trotz eines fundierten Wissens über den entfremdenden Effekt der Kamera – die Abstraktion, den Voyeurismus und die Fiktionalität, die jedem dokumentarischen Bericht oder Zeugnis eigen sind.

Tatsächlich schreitet Strand mit Soft Fiction die ‚soften’, komplizierten Grenzen zwischen Begierde und Missbrauch ab, zwischen Beichte und Konstruktion, Fiktion und Dokumentation. An die „softness“ der Softcore-Pornografie erinnert auch der atmosphärische Soundtrack des Films, doch verstärkt Strands Einsatz von Musik und symbolischem, nicht-diegetischem Ton auch den Eindruck eines vernetzten Narrativs, das aus ihrer schonungslos direkten Cadrage, einer ungewöhnlichen Vignettierung und rhythmischen Schnitten entsteht.

Soft Fiction ist nicht ‚soft’. Strand tritt der latenten Objektifizierung von Frauen und ihrer Sexualität in filmischen Darstellungen hart entgegen, mit einer Schroffheit, die schwer mit anzusehen ist: Objektophilie, Oralsex, Inzest, Drogensucht, Zweiter Weltkrieg. Aus dieser Last ergibt sich zwischen den fünf Subjekten eine komplexe Beziehung, in der die Worte einer jeden beeinflussen, wie man die anderen versteht. Das Ergebnis ist bejahend und inspirierend – eine kollektive Geschichte von Leidenschaft, Entdeckung, Widerstand, Wiedergutmachung und Überleben.

Credits:
SOFT FICTION /
FILM BY CHICK STRAND (c) Copyright by Chick Strand, 1979 /
DEATH AND THE MAIDEN /
GO BY ME, AH, GO BY ME GRIM REAPER. /
DON’T DENY ME THE DREAMS OF MY YOUTH. /
GIVE ME YOUR HAND, YOU HAVE NOTHING TO FEAR FROM ME. /
I COME AS A FRIEND NOT AS AN AVENGER. /
BE OF GOOD HEART AND SLEEP FREE IN MY ARMS /
FAR FROM DANGER /
IN ORDER OF APPEARANCE AMY HALPREN BEVERLE HOUSTON KAREN AMEND MELISSA LOU BEAL SIMONE GAD JOHANNA DEMETRAKIS SNOOPY CATHY FREEMAN HEDY SONTAG VICTORIA MUDD CYNTHIA MAC ADAMS /
HOLLYWOOD TUJUNGA 1976-1979

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