Jahresgaben 2016

Videos von Elke Dreier, Nichts Geschossen, An Laphan, M+M, Jovana Reisinger, Yves-Michele Saß, Susanne Steinmassl & Julia Fuhr Mann und Angela Stiegler.
3. – 11. Dezember 2016, 11 – 18 Uhr

Diese Auswahl an Videos von Künstlerinnen, Künstlern und Kollektiven aus München und Umgebung wurde zu einem Programm geformt, das Teil der Jahresgaben-Ausstellung 2016 ist. Das 75 Minuten lange Programm wird im Kino zu sehen sein und täglich über den gesamten Ausstellungszeitraum hinweg von 11-18 Uhr wiederholt. Viele dieser Arbeiten stehen zum Verkauf. Sie können das Team des Kunstvereins also gerne darauf ansprechen, falls Sie Interesse haben und mehr Informationen dazu erhalten möchten.

M+M
Cuckoo On Sunset (2007)
Video, Farbe, Ton, 4:46 Minuten

Das Duo M+M (Marc Weis und Martin De Mattia) besteht seit 1994 und widmet sich in erster Linie der Schnittstelle zwischen Kino und Visual Art. Ihre größte Bekanntheit erlangten sie wohl mit ihren großformatigen synchronisierten Installationen, die sich mit narrativen und gattungsmäßigen Konventionen, episodischen Chronologien und damit auseinandersetzen, wie sich Geschichten verändern, wenn die Subjektpositionen gewechselt werden. Oft verwirklichen sie ihre zwar humorvollen, doch auch mit kritischer Einsicht aufgeladenen Projekte in Zusammenhang mit spezifischen Orten oder in Zusammenarbeit mit Experten aus anderen Bereichen. Cuckoo On Sunset, das während einer Residenz in Los Angeles produziert wurde, ist sowohl Performance, Skulptur als auch Video, in dem ein mexikanischer Landschaftsgärtner eine hoch aufragende Palme emporklettert, um auf ihr eine modernistische, eigens von einem Architekten entworfene Kuckucksuhr anzubringen. Deutsche und kalifornische Klischees verschmelzen, während die sonst hinter der Fassade der ’City of Flowers and Sunshine’ versteckte Arbeit in den Fokus rückt.

Susanne Steinmassl und Julia Fuhr Mann
THE SHOW SHOW (2016)
Video, Farbe, Ton, 26:12 Minuten

Susanne Steinmassl ist Filmemacherin und bildende Künstlerin. Julia Fuhr Mann ist Regisseurin und Kuratorin bei verschiedenen Filmfestivals. Beide befassen sich mit Narrativen in der Politik und der Popkultur, hinterfragen die Konventionen des sozialen und biologischen Geschlechts und untersuchen die sozialen Konsequenzen einer digitalen Welt. THE SHOW SHOW ist ein experimentaler Hybrid aus Fiktion und Dokumentation, der einen überspitzt gezeichneten TV-Moderator und eine flüsternde Erzählstimme zeigt, die sowohl die gleichzeitige Sättigung mit und Erosion von Bedeutung in der Online-Welt als auch den Status von Subjektivität und politischem Engagement in der heutigen Zeit kommentiert. Durch den ständigen Wechsel zwischen dem Moderator in einem abstrakten gelben Studio, dokumentarischen Sequenzen über Odessa und gefundenem Videomaterial aus dem Ukrainekonflikt, erzeugt der Film eine kraftvolle Gegenüberstellung von der Apathie und Oberflächlichkeit der sozialen Medien und der schmerzvollen Lebensrealität unter politischen Machtbestrebungen. Er führt die Orientierungslosigkeit und das Durcheinander im Internet-Zeitalter und das Scheitern des europäischen Ideals vor Augen.

An Laphan
Flaw (2013 / 2016)
Video, Farbe, Ton, 2:15 Minuten

Fetischismus und Abjektion, deren haptisches Aufeinandertreffen und die Vermittlung durch digitale Technologien sind die bestimmenden Themen in An Laphans Filmen. In Flaw erkundet Laphan die Kartographie des Körpers durch extreme Nahaufnahmen der eigenen körperlichen ’Unvollkommenheiten‘, untermalt von einem Soundtrack voller Verzerrungen und akustischen Texturen von Sebastian Schönfeld (Owl Yeah). Eine klinische Untersuchung von Körperteilen und ein ehrliches, intimes Selbstportrait, dessen Aufnahmen spezifische Details hervorheben – Haarfollikel, Sommersprossen, Schönheitsfehler, Poren, Öffnungen, Schnitte. Die Identifikation dessen, was gezeigt wird, ist nahezu unmöglich, da die Bilder an Abstraktionen grenzen.

Yves-Michele Saß
Haemorheology (2016)
Video, Farbe, Ton, 2:15 Minuten

Yves-Michele Saß Arbeitsweise vereinigt kritische Forschung mit Medien-Kulturen, enthusiastische Kollaborationen mit quasi-kuratorischen Aktivitäten (unter anderem bei Spreez, einem von Künstlern betriebenen Kunstraum, dem Kollektiv We Are Hercules und in seiner Apartment-Galerie Run To Babylon). Indem er die Flut der Internet-Phänomene filtert, produziert er Hybride aus Videos und Objekten, die man analysieren und weiter überspitzen kann, und er lässt Fan-Subkulturen, Science-Fiction, esoterische Traditionen, Selbsthilfe und unternehmerisches Marketing miteinander verschmelzen. Bei Haemorheology zeigt er eine Form von kritischer Poesie, die verschiedene Quellen miteinander in Beziehung setzt und die sich auf Massenmedien, Mythologie, Pop und soziale Abbildungen von Vampiren fokussiert. Er entlarvt dabei die Figuren als monströse Energie-Kanäle, Gefäße aus Flüssigkeiten, Grenzüberschreiter und als Verbindungselemente mit philosophischem Potential.

Angela Stiegler
Shooting Liz (2016)
HD-Video, Farbe, Ton, 4 Minuten

Angela Stiegler produziert Videos, Performances, Installationen und hybride Kollaborationen, die von Haut, Bildschirmen und Alter Egos bevölkert werden. In Shooting Liz, dem ersten Teil einer Tetralogie, analysiert Stiegler ein Filmshooting. Indem die Künstlerin die Szene in Sequenzen vor, während und nach dem Shooting aufspaltet, seziert sie das Geschehen und fügt eine Synchronisations-Ebene hinzu. Die Handlung wird aus verschiedenen Blickwinkeln nachgestellt, sodass die lineare Perspektive des Kinos aufgelöst wird. Durch den Einsatz neuester Bewegungssensoren und Körperscantechnologie auf einer speziell konstruierten Bühne, kann Stiegler nicht nur die Bewegungen des Performers, sondern auch ihre eigene Dokumentation der Handlungen aufzeichnen und so die Erfassung von körperbezogenen Daten mit der Erfahrung und der Vermittlung eines Ereignisses verbinden. Die Manipulation des Filmmaterials setzt dann das Schießen auf einen unsichtbaren Feind mit dem Akt des Erschossen- und Getötetwerdens in Beziehung. Durch die Auseinandersetzung mit den jüngsten Erschießungen durch die Polizei, die von beteiligten Zeugen auf Video festgehalten und dann im Internet verbreitet wurden, geht Stiegler zudem auf die Logik des ’Schießens’ ein, die das Kino mit der gewalttätigen Welt der Waffen teilt.

Nichts Geschossen
Gare d’Andelot (2014)
Video, schwarz-weiß, Ton, 8:17 Minuten

Seit 2009 entwickelt das Duo Nichts Geschossen (Alexander Wagner und Samuel Langer) ein interdisziplinäres Verfahren, bei dem sie historische Fragmente, poetische Strukturen und ortsspezifische Kontexte zusammentragen. Ihr Video Gare d’Andelot kreist um die mutmaßliche romantische Affäre zwischen Gabrielle Buffet-Picabia, der Frau des Dadaisten Francis Picabia, und Marcel Duchamp, der zu dieser Zeit in München lebte. Der Schwarz-Weiß-Film, der mit zurückhaltendem Sound arbeitet, nimmt das Wesen dieses geheimen Rendezvous in Andelot-en-Montagne im Osten Frankreichs in den Blick, wobei es die Konventionen des Melodrams mit den Qualitäten des frühen Films verbindet.

Jovana Reisinger
PRETTY BOYZ DON'T DIE (2016)
Video, Farbe, Ton, 20 Minuten

Jovana Reisinger ist Filmemacherin, Autorin und Künstlerin. Sie ist überall zu Hause, in den Welten des Journalismus, der Mode, der Literatur, der Musik, der Performance, des Theaters und des Kinos. Reisingers narratives Video PRETTY BOYZ DON'T DIE spielt während einer Mordserie, der in kurzer Zeit viele gutaussehende junge Männer zum Opfer fallen. Die Geschichte folgt einem freizügig gekleideten Model (dem Model Maximilian Bungarten), als er durch die Straßen Münchens streift. Er posiert und genießt die Aufmerksamkeit der anderen Fußgänger, gleichzeitig jedoch befindet er sich in einem Zustand des Unbehagens, der Angst und der Furcht vor der möglichen Gefahr, die ihn erwarten könnte.

Elke Dreier
Motion Fixes Motion Pattern (2014)
Video, Farbe, 3:05 Minuten

Elke Dreiers Video- und multimediale Installationen befassen sich mit alltäglichen Gesten, nonverbaler Kommunikation und erlernten oder unfreiwilligen Bewegungen. Damit erkundet sie die Beziehungen zwischen Codes, Handlungen und Körpersprache. In Motion Fixes Motion Pattern vollführt eine nackte Performerin eine Abfolge von sich wiederholenden Bewegungen mit ihrem Körper, wobei dieser ein Quadrat formt und so die physischen Grenzen eines bestimmten Körperteils erkundet. Indem sie die gerahmten Ansichten nach und nach übereinander schichtet, erzeugt sie einen fragmentierten Körper, der aus autonomen viereckigen Teilen besteht.

Wir danken allen Künstlerinnen, Künstlern und Hasan Veseli

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