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    No Swimming
    Klaus Hohlfeld, Henrik Olesen, Pia Rönicke, Sean Snyder
    25. August – 1. Oktober 2000


    Die Ausstellung No Swimming bringt mit Klaus Hohlfeld, Henrik Olesen, Pia Rönicke und Sean Snyder vier Künstlerinnen verschiedener Generationen zusammen, die sich mit Formen gesellschaftlicher, sprachlicher, urbanistischer Bedeutungsstrukturierung auseinandersetzen. Vor dem Hintergrund von Michel Foucaults Definition von Kritik als "Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden" konzentriert sich die Ausstellung auf eine subversive Form künstlerischer Praxis, die vorhandene Systeme, wie sie in Gesellschaft, Sprache, Urbanismus, Architektur, etc. auftreten, im Sinne einer Signifikanzverschiebung unterläuft. Politisierung wird hierbei im Sinne einer Entfunktionalisierung von Bedeutungsokkupation verstanden. Der Ausstellungstitel No Swimming entstammt einerseits dem Bereich verwaltender Sprache, referiert andererseits jedoch auch assoziativ auf die Frage, wie mit den Absurditäten der Realität umgegangen werden kann und inwieweit Freisetzungen gegenüber den bestehenden Verhältnissen möglich sind.

    Von Klaus Hohlfeld (geb. 1950-1994, Hamburg; Studium an der HdK Hamburg) waren bislang außerhalb Hamburgs kaum Arbeiten zu sehen. Zuletzt wurde sein Werk in größerem Umfang 1996 in einer Einzelausstellung in der Hamburger Kunsthalle gewürdigt sowie im Künstlerhaus Weidenallee, Hamburg. Hohlfelds Haltung gegenüber der sogenannten Realität ist geprägt von einem Zweifel an den alltäglichen und gesellschaftlichen Erscheinungen und Vorgaben. Seine stillen und konzentrierten Foto-, Text- und Papierarbeiten sind von dem hintergründigen Humor des Künstlers geprägt. In seinen Fotoarbeiten verknüpft er lakonisch Bild und Text miteinander. Wörter und Begriffe werden aus schwarzen Styropor-Buchstaben zusammengesetzt, im Motiv platziert und fotografiert. So entstehen ganz unterschiedliche Verbindungen aus Signifikat und Signifikant. Mal bezeichnen die Begriffe etwas im Bild Vorhandenes, benennen etwas im Bild Abwesendes oder situieren eher assoziativ Begriffe im Bild, die Gedankenketten provozieren. Seit Anfang 1993 entstehen kleine Papierarbeiten, auf denen gezeichnete und nachgebildete Versatzstücke aus Industrie, Architektur und parkartiger Natur komplexe Ensembles ergeben. In einer Kombination aus geometrischen, funktional anmutenden Elementen mit geschwungenen Flächen und Wegen entstehen Topographie, die die Erwartungen der Betrachter nach Regeln ins Leere laufen lassen. Als ähnlich disfunktional erweisen sich auch die Miniaturcollagen. Geschichtete und geklebte Karton-, Papier-, Gummischnipseln kombiniert Hohlfeld mit Bleistiftzeichnungen zu Modellen, die an Industrieanlagen, Gleissysteme, aber auch an Leiterplatten oder Computerchips denken lassen, deren Funktion jedoch im Verborgenen bleibt.

    Im Gegensatz zu Klaus Hohlfeld, dessen Zweifel sich gegenüber den Regeln der bürgerlichen Realität äußert, setzt Henrik Olesen konkret bei politischen Verhältnissen an. Der amerikanische Blick auf die bundesrepublikanische Verwaltung, die weltweite Strafgesetzgebung in Hinblick auf Homosexualität oder die Verdrängung von Armut in einer globalisierten Welt sind Themen, die im Zentrum seiner Auseinandersetzung stehen. Henrik Olesen (geb. 1967 Esbjerg, DK, lebt und arbeitet in Berlin; Studium an The Royal Academy of Fine Arts, Kopenhagen und an der Städelschule, Frankfurt a. M.) präsentierte erst kürzlich eine Einzelausstellung in der Galerie Klosterfelde, Hamburg, die seine auf Gesellschaftsbezug drängende künstlerische Praxis sichtbar werden ließ. Für den Kunstverein München arbeitet er z. Zt. vor Ort an neuen Arbeiten. Olesen repolitisiert ortsbezogene Kunst, indem er nach Möglichkeiten sucht, soziale Problemfelder, wie sie im Kontext der Globalisierung auftreten, im Ausstellungsraum sichtbar zu machen. Mit einfachen Gesten kodiert Olesen den Ausstellungsraum neu, Proportionen werden verändert, Territorien abgesteckt und Grenzen gezogen. Dieses Ein- oder Ausgeschlossensein untersucht Olesen nicht nur mittels Veränderungen in der Architektur. Von Afghanistan bis Zimbabwe reicht seine Zusammenstellung der "Homosexual Rights Around The World", die ein aussagekräftiges Bild darüber liefert, wie in den meisten Teilen der Welt, Homosexualität nach wie vor gesetzlich eingeschränkt, verfolgt und bestraft wird.

    Pia Rönicke (geb. 1974 Roskilde, DK, lebt in Kopenhagen und Los Angeles; Studium an The Royal Academy of Fine Arts, Kopenhagen und dem California Institute of the Arts, Los Angeles) war kürzlich mit Beiträgen bei What if, Moderna Museet, Stockholm und Momentum, Nordic Biennial, Moss beteiligt. Ihre beiden Videoarbeiten "Outside the Living Room" (2000) und "Somewhere Out There" (1998), die im Rahmen von No Swimming zu sehen sein werden, finden ihren Ausgangspunkt in der modernistischen Architektur. Wird bei Klaus Hohlfeld jedoch die Funktionalität bereits im Rahmen der zeichnerischen Konstruktionen ad absurdum geführt und bei Sean Snyder die Disfunktionalität im Motiv gesucht, verknüpft Rönicke den idealistischen Entwurf einer utopischen Moderne mit einer ökologischen Utopie, in der die Natur sich "die Stadt" zurückerobert. In Ihren Videofilmen verbindet sie in einer Art der Collagetechnik gefundenes Material bestehend aus Fotografien, Comicelementen oder Zeichnungen zu inszenierten Szenen mit stark narrativen Elementen. Ihre Form der Kritik bewegt sich auf einer eher poetischen Ebene, die die Betrachterinnen suggestiv in ihren Bann zieht.

    Gemeinsam mit Hohlfeld, Olesen und Rönicke ist Sean Snyder (geb. 1972 Virginia Beach, VA, lebt in Berlin; Studium an der Städelschule, Frankfurt a. M.; Beiträge u.a. für Manifeste 2, Luxemburg; Junge Szene, Wiener Secession, Wien; Berlin/Berlin, Berlin Biennale, Berlin [1998]) die Verbindung eines kritischen Bewußtseins "mit einem humoristischen Ansatz zu teilweise absurden Aspekten des Lebens" (Sanne Kofod Olsen). Im Kunstverein München präsentiert er zum ersten Mal die vollständige sechzehnteilige Fotoserie über die brasilianische Hauptstadt Brasilia, einer der radikalsten städteplanerischen Neugründungen der späten fünfziger Jahre. Snyder sucht den Ort Ende der neunziger Jahre auf und verfolgt wie die ursprünglichen idealistischen Ideenkonzepte durch pragmatische Entscheidungen der Folgezeit verändert werden. Entscheidend für Snyders Arbeitsweise ist die situationistische Vorstellung des „derive“ - mit Guy Debord "ein Gang durch unterschiedliche Ambiente". Der einem Vogel mit ausgebreiteten Flügeln gleichende "Piano Piloto", der Flächennutzungsplan von Lúcio Costa, hat längst seine Symmetrie verloren, schließlich leben inzwischen in Brasilia dreimal soviel Einwohner als ursprünglich vorgesehen. In Snyders vom Licht der roten Erde Brasilias geprägten, fluoreszierenden Fotografien erscheinen die Wohnmaschinen der Quadras wie in einem Prospekt für Ferienhäuser und die Neugründungen wie die vielen Negativbeispiele der aktuellen Plattenbaurenovierungen.

    Die Ausstellung entsteht mit freundlicher Unterstützung der DCA Danish Contemporary Art Foundation, dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und der ACC Kunstagentur, Hamburg.