Sonntagsmaler

März - 04. April

"Eine hohe, schmale Lattentür, mit Stacheldraht gesichert, wie sie sonst den Zugang zu privaten Badestegen und -hütten verwehrt, weist gleich am Eingang des Münchener Kunstvereins darauf hin, worum es bei der neuen Ausstellung geht. Ein paar Schritte weiter in der Eingangshalle entdeckt man das Thema auf einem Votivbild (im Großformat auf die Wand gemalt), auf dem sich 'ein einfacher Mensch aus dem bayerischen Volk...alhero der Jungfrau Maria-Padrona Bavariae' verlobt 'mit der inniglichen Bitt', unser geliebtes Bayernland fürderhin von Privateigentum und seinen Folgen für die einfachen Leit zu verschonen...'
Sonntagsmalerei einerseits, Paragraph 14 des Grundgesetzes (sozialbindendes Eigentum) und Paragraph 141 Abs. 3 (Genuß der Naturschönheit) der Bayerischen Verfassung andererseits, nicht als ironisches Kontrastprogramm verstanden, sondern als gemeinsames Interesse.Im ersten Stock ist ein Seeuferenvironment aufgebaut mit 'Zutritt verboten'-Schildern an Zäune genagelt, dahinter See-, Alpen- und Waldstücke der Sonntagsmalerzunft, wie an den Wänden im großen Mittelraum. Am selben Ort an Stellwände geheftet, gruppiert um eine heutzutage schmutzgeborene Venus, eine Dokumentation zum Artikel 141,3: Initiativen, Aktionen und Grundsatzprogramme der Bundesrigierung, der bayerischen Staatsregierung, der Parteien, von Industrien und Vereinen. Dazu eine aktuelle Presseinformation, eine Tafel für Meinungsäußerungen der Besucher und auf der Rückseite der Stellwände eine Dokumentation mit Fotos aus den Bereichen, auf die Artikel 141,3 Anwendung findet: 'Schutz des Waldes', 'Naturschutz', 'Wasserverschmutzung', [...], ein Überblick also von einem brisanten und vieldiskutiertem Thema."
(Donau-Kurier, Ingolstadt März 1971)

Abb.:
[1] Votivbild auf der Wand, Wieland Sternagel 1971
[2] Ausschnitt aus Bildzeitung, Ausgabe München, März 1971

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