Weihnachtsausstellung
Dezember 1954
„Der glücklichste Gedanke des wiedererstandenen Münchner Kunstvereins sind vielleicht die gelegentlichen Abendveranstaltungen, worin das Gesellschaftliche und das Künstlerische sich so intim durchdringen, und die ausgestellten Kunstwerke vom warmen Schein eines beschwingten Interesses bestrahlt sind. Am Mittwochabend gab es Kammermusik; der große Saal war dicht besetzt, und man kann sagen, daß nicht zehn Personen aus diesem großen Publikum um der Ausstellung willen in den Kunstverein gegangen wären - um so überraschter und dankbarer genossen alle während der Musik und während der ausgiebigen Pause die Weihnachtsausstellung.
Die blendende Flötistin Lu Lehnstaedt und die Herren Schwinn, Soldner, Zagrosek und Krahmer (Oboe, Klarinette, Horn, Fagott) spielten zuerst ein Quintett von Anton Reicha (1770- 1836), das durch Ökonomie und Charakteristik der Instrumentierung vielleicht sogar Beethovens prangendes Quintett op. 71, das den Beschluß des Programms machte, übertrat. Dazwischen gab es Jacques Ibert und Maurice Ravel und als Glanznummer des Abends in Uraufführung „Fünf Bicinien" für Singstimme und Flöte von Kurt Brüggemann. Ein Bicinium (das werden außer dem Verfasser nur wenige Leute wissen) ist ein zweistimmiger kurzer Satz. Käte Jordan (Mezzosopran) sang stimmlich und musikalisch bezaubernd und mit ihrer feinen Mimik auch die Bildenden Künstler anregend. Ihre virtuose, ja raffinierte Gesangs- und Sprechtechnik sicherte dem Werk einen strahlenden Erfolg, dem heiteren und geistvollen Stil des Werkes gleichgeartet.“
(Peter Trumm im Münchner Merkur vom 10. Dezember 1954)