Heinrich Brüne

Oktober – 23. November 1949

Ausstellung mit Werken von Heinrich Brüne, Ernst Geitlinger, Theodor von Hötzendorf, Jo von Kalckreuth, Johannes Ignaz Kohler, Anton Leidl, Thomas Niederreuther und Wolf Reuther.

„Heinrich Brünes 80. Geburtstag, der in diesen Tagen zu vermerken wäre, nimmt die umsichtige Leitung des ‚Münchner
Kunstvereins‘ zum dankenswerten Anlaß, um in ihrer Novemberausstellung (in der Heinrich-von-Zügel-Villa, Possartstr. 24) das Andenken an diesen viel zu wenig beachteten Meister eines späten deutschen Impressionismus auch in München zu ehren. Und schon die Begegnung mit kaum einem Dutzend seiner köstlichen Malereien macht dieses Wiedersehen mit Brüne zu einem beglückenden Erlebnis.

Allein der kleine ‚Frauenkopf’, zart und duftig von diesem sinnfrohen Rheinländer gemalt, hat eine so ‚verdichtete‘ frauliche Atmosphäre und ein sinnliches Fluidum, daß er an Manets unerreichte Frauenköpfe erinnert. Wie unerhört locker und leicht wirkt ein Stilleben wie die ‚Sonnenblumen im Glas‘ auf dem tonig herrlich durchgeführten Hintergrund, ohne aufdringliche Sprache des Pinsels, Die ‚südliche Seelandschaft‘ und sein ‚sommerlicher Garten‘ in Oberpfaffenhofen sind von einer ‚atmosphärischen‘ Koloristik überhaucht. Alle erdigen oder irgendwie undurchsichtig scheinenden Farbtöne werden von Brüne vermieden. Für die Bewältigung eines repräsentativen Porträtauftrags ist sein apart gemaltes Bildnis einer vornehmen jungen Dame aufschlußreich. Die ausgesprochen meisterliche Qualität der Bilder Brünes, der Wohlklang seiner Farbakkorde, kann bei allen sonstigen Vorzügen der noch ausgestellten Arbeiten von Künstlern einer späteren Generation nicht erwartet werden. Johann Ignaz Kohlers etwas kreidige, pastellfarbige Malerei wird von Brünes überlegener Koloristik erdrückt. Aber Ernst Geitlinger kann sich im gleichen Raum gut mit seinen bekannten, primitiven und verspielten malerischen Aperçus behaupten, so daß Bilder wie die ‚blaue Zipfelmütze‘ durch farbiges Raffinement oder der ‚persische Teppich‘ durch ornamentalen Witz auffallen und wirken. Was für einen Kontrast zu der Ruhe - und Ausgewogenheit eines Brüne oder zu Geitlingers leichtem und heiterem Spiel bildet der Raum, den die Wucht und Schwere der Bilder von Thomas Niederreuther erfüllt. Dieser selbstbewußte, vielseitig begabte Autodidakt, der sich an große Vorbilder hält, kann und will sein starkes malerisches Temperament nicht zügeln, weshalb seine Arbeiten auch so verschieden und ungleich sind. Ausgeglichen und überzeugend wirkt seine farbig ruhige und abgestimmte, figürliche Komposition ‚Mann und Frau‘. Von den Bildern und Skizzen (im kleinen Zimmer) seien nur das amüsante ‚Selbstporträt beim Rasieren‘ sowie ein nicht ‚naturalistisches‘ sondern ‚übertragenes‘ Gartenbild von Anton Leidl und noch die ‚Schneeschmelze im Walde‘ von Theodor von Hötzendorf erwähnt. Keineswegs sollte man beim Besuch der Ausstellung versäumen, einen kurzen Blick in die Mappe mit Jo von Kalckreuths geklebten Tüfteleien zu werfen, die von neuem seine leichte wie geschickte Hand und sein unbekümmertes Talent beweisen.“
(Carl Hinterlach in der Süddeutschen Zeitung vom 10.11.1949)

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