Key Operators
Weben und Coding als Mittel feministischer Geschichtsschreibung
7. September – 24. November 2024
Ausstellung mit Elsi Giauque, Johanna Gonschorek, Michèle Graf & Selina Grüter, Pati Hill, Charlotte Johannesson, Lotus L. Kang, Alison Knowles, Beryl Korot, James Tilly Matthews, Katrin Mayer, Johannes Porsch, Radical Software, Bea Schlingelhoff, Marilou Schultz, Johanna Schütz-Wolff, Iris Touliatou
Veranstaltungsprogramm mit Claire L. Evans, Lynn Hershman Leeson, Sadie Plant, Johannes Porsch
Die Ausstellung Key Operators. Weben und Coding als Mittel feministischer Geschichtsschreibung fokussiert die Verknüpfung von weiblicher Arbeit und technologischem Fortschritt. Die Systeme, die dem Weben und Programmieren eingeschrieben sind, dienen dabei als Ausgangspunkt, um alternative Betrachtungsweisen von Geschlecht und Arbeit zu entwerfen. Die Gruppenausstellung versammelt generationenübergreifende künstlerische Positionen – und somit neu konzipierte sowie historische Arbeiten –, die sich auf konkreter wie metaphorischer Ebene mit dem Begriff des Webens und seiner Bedeutung für die Entwicklung der Computertechnologie auseinandersetzen.
Der Computer ist mit der Geschichte des Textils verbunden, seitdem das Weben im Zuge der Industrialisierung im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert eine „programmierte“ Herstellungsweise wurde. Die Mathematikerin Ada Lovelace nimmt hierbei eine besondere Rolle ein. Sie erkannte das Potenzial der in den ersten mechanischen Webstühlen – die sogenannten Jacquard-Webstühle – verwendeten Lochkarten und übertrug ihr System (Loch / kein Loch) in einen Code aus Nullen und Einsen. Dies macht sie zu einer Pionierin der Geschichte des Programmierens. Wie kommt es also, dass bis heute Weben eher als „weibliche“ Tätigkeit, Coding dagegen als „männliches“ Tätigkeitsfeld wahrgenommen wird? Die historisch bedeutende Rolle, die Frauen und ihre Arbeit bei der Entwicklung von Computertechnologie spielten, wird oftmals vergessen oder an die Ränder der Geschichte verfrachtet. Sadie Plant bemerkt dazu: „Wo ‚alle Hauptstraßen des Lebens als ‚männlich‘ gekennzeichnet sind, und der Frau nichts anderes übrigbleibt, als Frau zu sein‘, waren Männer diejenigen, die alles tun konnten. Frauen [...] dienten als ‚eine ‚Infrastruktur‘ unserer Gesellschaft und unserer Kultur ..., die als solche verkannt bleibt‘.“[1]
In Anlehnung an diesen Gedanken leitet sich der Titel des Projekts von einer geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung ab: Als Kopierer in den späten 1940er Jahren in Büros eingeführt wurden, durften sie nur von ausgebildeten „key operators“ bedient werden. Aufgaben im Zusammenhang mit den Maschinen galten als niedere Büroarbeit und wurden in der Regel Frauen zugewiesen. Der Titel bietet auch andere mögliche Lesarten: „key“ im Sinne einer zentralen Figur, wodurch die bedeutende Rolle von Frauen sowohl bei der Etablierung der Weberei als eigenständige Kunstform als auch bei der Entwicklung der Computertechnologie hervorgehoben wird; „key“ auch als Taste am Computer oder als Pedal eines Webstuhls. Die künstlerischen und theoretischen Positionen in Key Operators begreifen Weben und Coding als kritische Metaphern. Die unterschiedlichen Beiträge fungieren als narrative Fäden, die verschiedene Kontexte durchqueren und unterschiedliche Erzählmethoden miteinander verknüpfen, um die Peripherien der offiziellen Geschichtsschreibung nach ihren Abwesenheiten abzusuchen. In diesem Zusammenhang werden Webstuhl und Computer gewissermaßen als Verbündete betrachtet, um die Ränder der Geschichte zu betrachten, die oftmals die Voraussetzungen für ihre Schreibung schaffen.
Kuratorin: Gloria Hasnay
zusammen mit: Maurin Dietrich
Assistenzkuratorinnen: Lucie Pia & Lea Vajda
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VERANSTALTUNGEN
Freitag, 14. Juni, 21 Uhr
Screening
Conceiving Ada (1997) von Lynn Hershman Leeson
Donnerstag, 26. September, 19 Uhr
Online-Vortrag
von Claire L. Evans
Mittwoch, 23. Oktober, 19 Uhr
Vortrag
von Sadie Plant
Samstag, 23. November, 16 Uhr
Dialogische Displayführung
mit Johannes Porsch und Gloria Hasnay
[1] Sadie Plant, nullen + einsen. Digitale Frauen und die Kultur der neuen Technologien, Berlin 1998, S. 44, mit einem Zitat aus Luce Irigaray, Das Geschlecht, das nicht eins ist, New York 1993, S. 86.
Abbildung:
[1] Alison Knowles, The House of Dust Edition, 1967 (Detail). Courtesy die Künstlerin und James Fuentes, New York/Los Angeles. © Alison Knowles; Foto: Jason Mandella.
[2] Ada Lovelace, Note G, ursprünglich veröffentlicht in Sketch of The Analytical Engine Invented by Charles Babbage, 1842.
Das Projekt wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.