September 2023
Noor Abuarafeh
Resistive Narratives
9. September – 19. November 2023
Eröffnung: Freitag, 8. September, 19–22 Uhr / Opening: Friday, September 8, 7–10pm
DE
In ihrer Arbeit befasst sich Noor Abuarafeh mit der Konstruktion von Erinnerung, den Politiken des Archivierens und dem, was in der dominanten historischen Erzählung ausgelassen wird. Durch die Untersuchung von Sub-Narrativen erforscht die Künstlerin verschiedene Formen des Erinnerns außerhalb der linearen Auffassung von Zeit, indem sie die Aufteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft infrage stellt. Ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland präsentiert eine neue Videoarbeit, die zusammen mit bereits existierenden Filmen aus den letzten zehn Jahren gezeigt wird.
Abuarafehs Praxis basiert auf immateriellen Referenzen und mündlichen Überlieferungen, um die oft korrupte Dynamik von Geschichtsschreibung zu reflektieren und eine andere Art von Historie zu entwerfen. Dies gilt auch für die in München ausgestellten Arbeiten, die alle einer ähnlichen Fragestellung nachgehen: Was sind die materiellen Realitäten und was die konstruierten Erzählungen von Erinnerung? Indem Abuarafeh die Möglichkeit testet, vergangene Ereignisse auf Basis von immateriellen Referenzen darzustellen, untersucht sie auch, wie das kollektive Gedächtnis zum Träger eines imaginären Archivs wird.
Die neueste Arbeit der Künstlerin, The Moon is a Sun Returning as a Ghost (2023), verfolgt den Fall von siebzehn Ausstellungen palästinensischer Künstler*innen. Jede umfasste unterschiedliche Kunstwerke, von denen die meisten heute als vermisst gelten: Gefangen in Schleifen administrativer Infrastrukturen, die von politischen Konflikten zeugen, konnten die Werke nicht an die Künstler*innen zurückgegeben werden und wurden stattdessen von einem Lager zum nächsten befördert. Dem Video liegt die Frage zugrunde, wie sich die Immaterialität verschwundener Objekte auf unsere Erinnerung an diese auswirkt. Mit den im Kunstverein München präsentierten Arbeiten demonstriert Abuarafeh, dass durch die poetische Befreiung der Geschichtsschreibung von ihrer Objekthaftigkeit widerständigere Narrative entstehen können, die über die bloße Konstruktion von (nationaler) Subjekthaftigkeit hinausgehen.
EN
In her work, Noor Abuarafeh addresses the construction of memory, the politics of archiving, and that which is omitted within the dominant historical narrative. Through an examination of sub-narratives, the artist investigates different forms of remembering outside the linear conception of time, resisting the division of past, present, and future. Her first institutional solo exhibition in Germany presents a new video work alongside four existing films made over the past ten years.
Abuarafeh’s practice draws on immaterial references and oral traditions in order to reflect the often corrupt dynamics of storytelling and devise a different kind of history. This also pertains to the works exhibited in Munich, all of which pursue a similar question: what are the material realities versus the constructed narratives of remembering? By questioning the possibility of representing past events while what can be referred to is, for the most part, immaterial, Abuarafeh explores how collective memory becomes the carrier of an imagined archive.
The artist’s new work, The Moon is a Sun Returning as a Ghost (2023), follows the case of seventeen exhibitions by Palestinian artists. Each contained different artworks, the majority of which are considered missing today: caught in loops of administrative infrastructures that attest to political conflict, the works could not be returned to the artists and were instead moved from one storage facility to another. The video focuses on how the immateriality of missing objects affects our memory of them. With the works on view at Kunstverein München, Abuarafeh shows us that by poetically liberating historiography from its objecthood, more resistive narratives can emerge that extend beyond the mere construction of (national) subjecthood.
Park III: how leisure always imitates labor
mit / with Jan Kunkel, Vera Karlsson & Alie O.
Samstag, 9. September 2023, 15 Uhr / Saturday, September 9, 2023, 3pm
DE
Die Performancereihe Park im Hofgarten endet mit ihrer dritten Iteration how leisure always imitates labor von Jan Kunkel mit Vera Karlsson und Alie O.. Als beliebtes Motiv für Hochzeitsfotos wird der Hofgarten oftmals zur Bühne für die bildliche Verewigung des heiligen Ehebundes. Die neu entwickelte Performance nimmt diese Inszenierung zum Anlass und untersucht daraufhin kritisch die Maskierung von Arbeit als Freizeit im Namen der Liebe. Um dieser Auseinandersetzung einen Rahmen zu geben, eignet sich das Stück den barocken Garten als Ursprungsmythos des bürgerlichen Trauerspiels an. Eine Entscheidung für die Etablierung oder Auflösung des Genres wird nie gänzlich getroffen – bis die Performer*innen sich und somit das dramatische Theater in der Schlussszene selbst abschaffen. how leisure always imitates labor untersucht so Performance als Spektakel, Desorganisation und schließlich als Zusammenbruch.
EN
The performance series Park concludes with its third iteration, how leisure always imitates labor, by Jan Kunkel with Vera Karlsson and Alie O.. The Hofgarten conveys a popular scene for wedding photography and is often utilized as a stage to enact the holy union of wedlock to ensure its material perpetuation. The performance exemplarily uses the institution of marriage to glance at its attempt to decorate labor as leisure in the name of love. As a framework, the piece re-appropriates the baroque garden as a scenery for the German tragic drama. It suspends modes of establishing and relinquishing the genre, until the performers exhaust and overcome themselves as well as the Trauerspiel in the final scene. how leisure always imitates labor thus examines performance as spectacle, disorganization, and collapse.