Archivnewsletter No. 15
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Im April letzten Jahres verstarb die Kunsttheoretikerin Marina Vishmidt nach schwerer Krankheit. Mit ihren Analysen zu Kunst, Arbeit und Wert prägte sie maßgeblich die Debatte über die Verflechtungen von Finanzmärkten und künstlerischer Produktion. Neben Vishmidts akademischer Lehrtätigkeit, zuletzt als Professorin an der Universität für angewandte Kunst Wien, war sie Teil verschiedener Kollektive, wie der Cinenova Working Group, W.A.G.E., Full Unemployment Cinema und anderen. Bereits 2004 war sie an Atelier Europa. Ein kleines postfordistisches Drama am Kunstverein München beteiligt, einer von Marion von Osten und Angela McRobbie initiierten Ausstellung und einem Symposium, die die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kulturproduzent*innen im Zuge von Privatisierung und Ökonomisierung untersuchten.
“WHAT IS IT TO BE A WORKER, A RESEARCHER OR AN ARTIST? WHAT DOES IT MEAN TO SAY YOU ARE A ‘CULTURAL PRODUCER’?”
Johanna Klingler über Marina Vishmidts Beitrag zu Atelier Europa. Ein kleines postfordistisches Drama (2004)
Im Frühjahr 2004 fand am Kunstverein München als Teil des kuratorischen Programms von Maria Lind und Søren Grammel das Symposium und Ausstellungsprojekt Atelier Europa. Ein kleines postfordistisches Drama statt. Das interdisziplinäre, formal vielschichtig gestaltete Vorhaben, an dem eine Vielzahl Kulturschaffender beteiligt waren, unter ihnen Judith Hopf, René Pollesch, Katja Reichard, Bakri Bakhit, Ulrike Ottinger und viele weitere, wurde von der im November 2020 verstorbenen, deutschen Künstlerin Marion von Osten in Zusammenarbeit mit der britischen Kultursoziologin Angela McRobbie initiiert und organisiert. Den Anlass für das Vorhaben bildeten die sich ausweitende wirtschaftliche Privatisierung und Ökonomisierung des Sozialen, die zum damaligen Zeitpunkt auch die Alltagsstrukturen des Kulturbetriebs veränderten. Die damit einhergehende Kommodifizierung kreativer Prozesse und der Wissensproduktion führte zu einer wachsenden existenziellen Abhängigkeit kreativer Arbeit von marktorientierten Infrastrukturen. Ziel der künstlerisch-diskursiven Agenda von Atelier Europa waren deshalb eine Bestandsaufnahme der zeitgenössischen Produktionsbedingungen im Kulturbetrieb sowie die Schaffung neuer Möglichkeiten für Austausch und Vernetzung unter Kulturproduzent*innen. Diskussionen über die sogenannte „immaterielle Arbeit“ standen dabei im Mittelpunkt. Der Begriff beschreibt eine Vielzahl sozialer Interaktionen, aus denen seit Anbruch des sogenannten „kognitiven Kapitalismus“ um 1975 wirtschaftlicher Mehrwert geschaffen wird.[1]
Dieser Archivnewsletter strukturiert sich entlang des Begriffs der „Kulturarbeiterin“, der als Selbstbezeichnung auf die Kommodifizierung kreativer Prozesse aufmerksam macht und somit eine zentrale Rolle für das Projekt Atelier Europa spielte. Der Begriff wird im Folgenden anhand eines Beitrags der US-amerikanischen Theoretikerin und Aktivistin Marina Vishmidt (1976–2024) zum „Kulturproduzent*innenkongress“, dem Diskursprogramm von Atelier Europa, eingeführt und in einem kurzen Exkurs auch innerhalb von deren Praxis kontextualisiert. In diesem Beitrag spricht Vishmidt über die Probleme und Herausforderungen, die durch die Ökonomisierung von Affekten und sozialen Beziehungen für immateriell und kreativ schaffende Menschen entstehen. Ihre strukturelle Problemanalyse geht dabei vor allem auf die Ausbeutung und Kommodifizierung von Subjektivität ein. Dieser Ansatz bildet zugleich einen Berührungspunkt zur derzeit viel besprochenen sogenannten „Infrastrukturkritik“ – einem Konzept von Kritik, zu dessen Formulierung Vishmidt während der letzten Jahre erheblich beigetragen hat. Diese Form der Kritik, die die sozialen und politischen Verhältnisse von Institutionen adressiert, ist auch in Atelier Europa angelegt und materialisierte sich im Programm des Kunstverein München während der letzten Jahrzehnte anhand verschiedener Formate und Praktiken.
Bereits Helmut Draxler und Hedwig Saxenhuber veranstalteten während ihres kuratorischen Programmes (1992–1995/96) diskursive und kollektive Ausstellungs- und Kulturformate, die soziale und politische Aktivität in den Fokus rückten. Außerdem kommt eine Genealogie der Infrastrukturkritik kaum ohne die Künstlerin Andrea Fraser aus, deren Ausstellung Eine Gesellschaft des Geschmacks 1993 im Kunstverein München umgesetzt wurde. Auch in Marina Vishmidts Forschung stellt Frasers Arbeit eine wichtige Referenz dar.
In institutions-/infrastrukturkritischer Hinsicht suchte auch Atelier Europa seine Kritik an den Mechanismen kultureller Institutionen nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und strukturell zu üben. So bildete die Arbeit und der Austausch im Kollektiv die Grundlage des Formats – eine Ausrichtung, durch die sich die Organisatorinnen bereits im Kern gegen eine kapitalistische Kommodifizierung und Aneignung der im Zuge der Veranstaltung entwickelten Produkte zu richten versuchten. Der Blick auf Strategien der Institutionskritik zieht sich also durch die Amtsperioden verschiedener Direktor*innen des Kunstvereins, dessen Geschichte und Organisationsstruktur zuletzt im Jahr 2021 durch die Künstlerin Bea Schlingelhoff (No River to Cross) kritisch aufgearbeitet und unter der Leitung von Maurin Dietrich und Gloria Hasnay im Zuge des 200-jährigen Jubiläums des Kunstvereins im Jahr 2023 reflektiert und rekonstruiert wurde.
Eine konkrete Anbindung an Vishmidts Arbeit fand außerdem in Form eines Publikationsbeitrages zur Ausstellung Not Working – Künstlerische Produktion und soziale Klasse (2020) statt. Das Gespräch zwischen Melanie Gilligan und Marina Vishmidt geht auf die Zuspitzung prekärer Arbeits- und Lebensverhältnisse (unter anderem für Künstler*innen) durch Politik und Wirtschaft ein. Im Fokus steht dabei, wie diese Zuspitzung durch die Corona-Krise nicht nur beschleunigt wurden, sondern auch, wie die so entstandenen Diskrepanzen Diskriminierungsprozesse offenlegen.
IMMATERIAL LABOR: WORK, RESEARCH, AND ART
Marina Vishmidt gab zusammen mit der Künstlerin Melanie Gilligan die 2004 erschienene fünfte Ausgabe der Publikationsreihe de-, dis-, ex- zum Thema Immaterial Labour: Work, Research and Art [2] heraus. Der Band „ruft die politisierten Momente in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts auf, um so Ansatzpunkte zur Analyse von allgemein als sozial engagiert bezeichneten kulturellen Praktiken zu gewinnen und auch, um einige unzeitgemäße Rückwendungen aufzuzeigen“[3]. Zu den von ihnen editierten Beitragenden gehörten beispielsweise Alice Creischer, Andrea Fraser, Stephan Dillemuth und Marion von Osten. Von Ostens so gewonnene Kenntnis über Vishmidts Interesse an „Affektmanagement sowie wahrnehmungs- und handlungsstrukturierenden Ideologien in der verwalteten Welt“[4] führte wiederum dazu, diese zu Atelier Europa einzuladen. Neben ihrer Teilnahme am Kulturproduzent*innenkongress bestand ihr Beitrag zu diesem Projekt aus einem Gespräch mit Marion von Osten, dessen Niederschrift unter dem Titel Künstlerinnen sind immaterielle Arbeiterinnen in der damaligen Mitgliederzeitschrift des Kunstvereins Drucksache erschienen ist.[5] Es bildet mit weiteren Interviews, Essays und Bildmaterial eine Print-Einlage, die das Projekt Atelier Europa in der Ausgabe Spring 04 jener Zeitschrift vertritt und im Archiv des Kunstvereins eingesehen werden kann. Unter dem Material im Archiv des Kunstvereins zu Atelier Europa befindet sich eine große Menge an Recherche- und Vorbereitungsmaterial der Initiatorinnen.
Auch ein Skript in Form eines im Fließtext verfassten, jedoch nicht vollständig ausformulierten Textes, den Marina Vishmidt für besagten Kongress am 3. April 2004 verfasste, ist Teil der Archivunterlagen. Das Dokument trägt den Titel Immaterial Labour: Work, Research and Art und geht den Bedingungen und Mechanismen nach, die sowohl die zeitgenössische Kunstproduktion als auch die zur Zeit der Veranstaltung aktuellsten Ausläufer immaterieller Arbeit beeinflussen. Die darin ausgeführten Analysen und Überlegungen zu Strategien gegen eine Instrumentalisierung kreativer Prozesse durch den Markt erweisen sich nach wie vor als relevant. Schließlich entwickelte Vishmidt ein methodologisches Konzept, das sie nicht auf ein konkretes Beispiel bezieht, sondern das als Struktur für eine mögliche Kritik sozialer und wirtschaftlicher Mechanismen dient und so weitergedacht und aktualisiert werden kann. Vishmidt betont in Texten unterschiedlicher Entstehungszeit, dass ihre intellektuellen Ausführungen nicht als eine Form der Kritik zu verstehen seien, in der sie „eindeutige Schlussfolgerungen“ ziehe. Vornehmlich gehe es ihr um Versuche, „den sich ausweitenden Anlässen für eine strukturelle Komplizenschaft Optionen zu deren Verweigerung entgegenzusetzen“ und sich nachhaltig für einschlägige Positionen zu engagieren. Auch in ihren späteren Zuspitzungen einer Infrastrukturkritik führt sie kein definitorisches Regelwerk auf, sondern beschreibt vielmehr, welche Bestandteile und Mechanismen in Gesellschafts- und Produktionsstrukturen reflektiert werden müssten, um eine (methodisch offene) infrastrukturkritische Praxis zu entwickeln. Dabei berücksichtigt sie diejenigen Bedingungen und Verhältnisse, die strukturelle Gewalt materiell und ideologisch manifestieren. Auch soll so die „Totalisierung“ von Kritik verhindert werden; eine Gefahr, die durch die Positionierung einer Kritik in „Komplizenschaft“ aber ebenso in „Ablehnung“[7] gegen den zu kritisierenden Gegenstand entstehen könne.[8] Eine Bedingung, die Vishmidt jedoch formuliert, besagt, dass eine kritische Praxis den Handlungsspielraum von Kunst als Instanz der reinen Bezugnahme verlassen müsse, da sie sonst immer wieder auf ihre systemimmanenten Limitierungen zurückfalle.[9] Auch der hier herangezogene Diskussionsinput darf dieser Haltung entsprechend nicht als Lösungsanleitung des vorangestellten Problems, sondern vielmehr als analytisch-methodisches Moment verstanden werden.
SIND WIR INFRASTRUKTUR?
– EIN KLEINES POSTFORDISTISCHES DRAMA.
„What is it to be a worker, a researcher or an artist? What does it mean to say you are a ‘cultural producer’?“ – So beginnt Vishmidt ihre Vorlage und verortet die Selbstbeschreibung Kulturproduzentin als affirmative Kritik widerständiger, im kulturellen Bereich engagierter Arbeiterinnen, die damit die Widersprüche der institutionellen „Kulturindustrie“ problematisieren. Folgend verknüpft Vishmidt den Begriff der Kulturproduzentin mit dem ursprünglich von Walter Benjamin bemühten Prinzip der kapitalistischen Mystifizierung. Diese beschreibt eine vorsätzliche Verunklarung, die wirtschaftliche Indikationskontexte umgibt. Die so geschaffene Konfusion dient als Werkzeug, das im Kapitalismus auf ideologischer Ebene eingesetzt wird, um wirtschaftliche Prinzipien als natürliche und unveränderliche Gesetze darzustellen und so ihre konstruierte Natur zu verbergen. Während Tropen wie „Forscherin“ oder „Künstlerin“ das Wesen der Lohnarbeit verschleiern, die hinter einer in diesen Begriffen angelegten Utopie von Autonomie zurücktritt, wird dieser Verklärung in Vishmidts Formulierung die „Kulturarbeit“ entgegenstellt. Darüber hinaus bezieht diese Bezeichnung Stellung gegen die Kommodifizierung sozialer und politischer Anliegen der Kunst durch die Mechanismen der Kulturindustrie, die das Transzendenzversprechen der Institution Kunst mit der Assoziation kommerzieller Produktion konfrontiert. Anhand des Begriffs der „Kulturproduzentin“ leitet Vishmidt zu der Problematik über, die durch Atelier Europa erörtert werden soll. Gemeint ist die Eigenschaft des Kapitalismus, sich immaterielle Mittel einzuverleiben – oftmals auch solche, die durch Maßnahmen entstanden sind, die zunächst in kritischer Weise gegen das kapitalistische System gerichtet waren.
Wie der Titelzusatz Ein kleines postfordistisches Drama bereits verrät, bauen Atelier Europa und Marina Vishmidts Auseinandersetzung auf Debatten auf, die während des „Postfordismus“ in den 1970er Jahren über die strukturellen Veränderungen der Arbeitsorganisation und der wirtschaftlichen Produktionsmittel geführt wurden. Dabei wurde insbesondere die Umstrukturierung des Produktionssektors von der Fabrikarbeit zur immateriellen oder affektiven Arbeit problematisiert. Die Bezeichnung Fordismus leitet sich etymologisch von der Ford Motor Company ab und ist mit der dort etablierten Produktionsweise assoziiert. Die Fabrikarbeit im Fordismus ist als entfremdete Arbeit zu verstehen, deren Produktionsverhältnisse durch eine hierarchische Abhängigkeit geregelt sind, wodurch der Arbeiterin weder Produktionsmittel noch Endprodukt gehören. Dagegen nutzt die postfordistische, in den 70er Jahren neu aufkommende immaterielle Arbeitsform die kollektiven und kommunikativen Eigenschaften der Arbeiter*innen als Ressource und schöpft Wert aus ihren sozialen Kompetenzen und Beziehungen. Kreative Fähigkeiten wie Kommunikation, Vernetzung, kollektive Wissensproduktion etc. werden im kognitiven Kapitalismus also als Produktionsmittel ausgebeutet. Dies gilt für die Mehrheit kommodifizierter und unsichtbarer Varianten affektiver, relationaler und kognitiver Arbeit; „von der künstlerischen Dienstleistung bis zum Service mit einem Lächeln, bei dem die Dienstleistung in der Beziehung zu einem anderen besteht.“[10]
Vishmidt baut in ihren Überlegungen zu Immaterial Labour auf Analysen und Ideen auf, die Theoretikerinnen, die der Kritik ebendieser postfordistischen Verhältnisse zugeordnet werden, entwickelt haben. Dazu zählen beispielsweise Paolo Virno, Mario Tronti, Toni Negri oder Silvia Federici, die insbesondere den Diskurs über kognitiven Kapitalismus in Italien prägen. Vishmidt überträgt jene Ansätze auf das Feld der künstlerischen und kreativen Arbeit, innerhalb dessen sie ähnliche Mechanismen beobachtet. Gemeinsam sei, dass Anforderungen, die vom Markt an die Arbeiterin gestellt werden, durch die veränderten Produktionsverhältnisse, die nun vor allem zwischenmenschliche Beziehungen betreffen, auf deren Subjektivität übergreifen. Im kreativen Tätigkeitsbereich realisiere sich dies mit dem Entstehen konzeptueller und sozial engagierter Kunst als konkretes Szenario.[11] Vishmidt und Gilligan bemerken in diesem Zusammenhang, dass gerade die sogenannten Konzeptkünstler*innen der 1960er und 70er Jahre als Prototypen der affektiven Arbeiter*innen in den Nullerjahren fungierten, anhand derer sich die Ausbeutungssystematik immaterieller Prozesse ableiten lässt.[12] Sie nutzten ihre kritische Analyse der Verhältnisse, die sich als zentrales Paradigma der Konzeptkunst der 1960er Jahre innerhalb des Kunst- und Kultursektors durch die Entmaterialisierung des Objekts vollziehen, als Bindeglied, um den Diskurs der immateriellen Arbeit zu erweitern. Mit Blick auf die Bereiche „care economy“, Wissensproduktion oder den Kommunikationssektor werden die Mechanismen einer solchen Entmaterialisierung zum Zeitpunkt der hier rekonstruierten Veranstaltung bereits rege besprochen.
DIE REPRODUKTION DER INSTITUTION ALS INSTITUTION DER REPRODUKTION
In zahlreichen Aufsätzen und Vorträgen beschreibt Vishmidt, wie vermeintlich autonome Institutionen die Gesellschaftsstruktur, der sie angehören, aufrechterhalten. Dies funktioniert dadurch, dass sie durch ihre scheinbar autonome Stellung innerhalb dieser Struktur als naturgegeben wahrgenommen werden. Dabei führt Vishmidt nicht nur edukative Instanzen oder die Familie an, innerhalb der die Übertragung einer Geisteshaltung Teil der biologischen und sozialen Reproduktion darstellt, wie Vertreterinnen feministischer Reproduktionstheorie Ende des 20sten Jahrhunderts bereits folgenreich festgestellt haben. Sie nennt insbesondere Institutionen wie „Religion, Kunst oder den Staat selbst“[13].
Da diese Größen also zunächst unabhängig von der alltäglichen Institutionsmaschinerie erscheinen, bleibt ihre Objektivität bezüglich dieser erst einmal unhinterfragt. Ihre scheinbare Autonomie bewirkt aber wiederum, dass gesellschaftliche Kategorien, die innerhalb dieser Institutionen angewendet werden, auch neutral erscheinen. Dadurch entsteht das Potential, sie als naturgegebene Normen zu internalisieren. Im Falle der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sei hier beispielsweise das Konstrukt einer in Klassen aufgebauten Gesellschaft angeführt, das die Kategorien „class, race, gender“[14] voraussetzt. Die Konsequenzen, die diese Ordnung durch ihre Arbeits- bzw. Klassenteilung hervorbringt, werden also nicht zwangsläufig als deren Resultat, sondern als gegebene Parameter der sozialen Realität wahrgenommen. Auch im Falle der Kulturarbeiterin trägt die scheinbare Autonomie der Kunst dazu bei, dass der wirtschaftliche Rahmen, der die Verhältnisse ihrer Arbeit beeinflusst, gar nicht hinterfragt oder kritisiert, sondern als natürlich wahrgenommen wird. Vishmidt adressiert also insbesondere, wie das Produktions- bzw. Reproduktionssystem einer Gesellschaftsordnung durch die Sozialisierung eines Normenhorizonts aufrechterhalten wird.
Die Relevanz von Subjektivität für eine solche Ordnung leitet Vishmidt unter anderem von marxistischen Reproduktionstheorien (z.B. nach Louis Althusser) ab, die die Wechselwirkung zwischen den materiellen Produktionsverhältnissen und der ideologischen Struktur einer Gesellschaft betonen. Demzufolge werden Personen, die durch ebendiese Wechselwirkung geprägt wurden, die Normen, die sie durch die Institutionen des Systems, dem sie entstammen, als ihre Normalität erfahren haben, auch wieder reproduzieren. Vishmidt diskutiert Konstellationen sozialer Autonomie mit Hinblick auf gesellschaftliche Reproduktion, Wert und Produktionsverhältnisse als konstanten Gegenstand zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Praxis. Daraus erfolgt die These, dass der Trugschluss, die verschiedenen Instanzen des sozialen Gefüges verhielten sich als autonome Einzelbereiche, die Ausbeutung affektiver und kreativer Arbeit begünstige. Konsequenterweise erweisen sich Prozesse der Subjektivierung auch in Vishmidts später ausformulierten Konzept der Infrastrukturkritik als wesentlich für die Reproduktionsdynamik von Institutionen.
Der Blick auf das vorliegende Dokument lässt einen Zusammenhang erkennen zwischen Vishmidts Perspektive auf affektive Arbeit, in der sie die Relevanz von Subjektivität für den kognitiven Kapitalismus erläutert, und ihrem späteren Reflektieren über die Rolle von Subjektivierungsmechanismen für die Kritik von Infrastrukturen. Die Gemeinsamkeit für die jeweilige Argumentationsstruktur speist sich nicht zuletzt aus der reproduktionstheoretischen Methodologie, die beide Interessensbereiche teilen. Diesen Fokus, der Vishmidts intellektuellen Beitrag innerhalb des Diskurses zur Infrastrukturkritik hervorhebt, wird sie auch später in einschlägigen Texten wie z.B. “Only as Self-Relating Negativity”: Infrastructure and Critique, Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique oder Beneath the Atelier, the Desert: Critique, Institutional and Infrastructural weiter ausführen.
Vishmidts Begriff der Infrastrukturkritik bezieht bei der Problemanalyse also die Subjektivierungsmechanismen einer Gesellschaft als feste Größe in die Beschreibung der Produktionsmittel ein. Dieser Argumentation folgt sie bereits in ihrer 2004 formulierten Kritik an den Entmaterialisierungsprozessen im Kunst- und Kulturbetrieb: Es sei vielleicht „der größte Fehler des Konzeptualismus gewesen“ – so ihre Analyse in Immaterial Labour: Work, Research and Art, die in ihrer ganzheitlichen Perspektive auf institutionelle Strukturen bereits stark an ihre späteren Ausführungen erinnert – „dass er seine Befragung des Kunstobjekts nicht bis zur Analyse jener Machtverhältnisse, die über die Definition des Kunstobjekts wie auch der Künstlerin bestimmen, vorangetrieben hat“[15].
Johanna Klingler ist Künstlerin und Kulturwissenschaftlerin. Von 2019 bis 2022 leitete sie zusammen mit Jonas von Lenthe das Archiv des Kunstverein München. In ihrer Promotion, die unter anderem von Marina Vishmidt betreut wurde, forscht sie aktuell zur Rolle von Subjektivität in Gesellschaftskritischen Praktiken.
Lektorat: Zeno Bampi
Bildredaktion: Leona Koldehoff
[1] Der Begriff „kognitiver Kapitalismus“ beschreibt eine Phase des Kapitalismus, in der insbesondere immaterielle Güter wie Wissen, Information und zwischenmenschliche Beziehungen wirtschaftlichen Wert erzeugen.
[2] Vishmidt, Marina / Melanie Gilligan (Hrsg.). Immaterial Labour: Work, Research and Art. De-Dis-Ex, Bd. 5. London: Black Dog Press, 2004.
[3] Atelier Europa (Einlage). In: Grammel, Søren / Maria Lind / Judith Schwarzbart (Hrsg.): Drucksache Spring 04. München: Kunstverein München e.V., 2004, S. 70.
[4] Ebd.
[5] Die Mitgliederzeitschrift Drucksache wurde 2002–2004 unter Maria Lind und Søren Grammel vom Kunstverein München e.V. herausgegeben. Das Gespräch zwischen Vishmidt und Marion von Osten wurde neben sämtlichen Materialien zum Projekt außerdem auf der eigens für Atelier Europa angelegten Website www.ateliereuropa.com publiziert. Diese existiert nicht mehr.
[6] Vishmidt, Marina / Marion von Osten. Artists are Immaterial Workers (Gespräch). In: Atelier Europa (Einlage). In: Grammel, Søren / Maria Lind / Judith Schwarzbart (Hrsg.). Drucksache Spring 04. München: Kunstverein München e.V., 2004, S. 46–49, S. 49.
[7] Vishmidt, Marina. „Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique“. In: Hlavajova, Maria / Simon Sheikh (Hrsg.). Former West: Art and the Contemporary After 1989. Cambridge, MA: MIT Press, 2016, S. 265–69, S. 268.
[8] Auch das Konzept der „immanenten Kritik“ wird von Vishmidt in diesem Zusammenhang erläutert. Während sie es bereits am Ende ihres Diskussionsbeitrags einführt, erörtert sie die Relevanz dieser Form von Kritik für ihr Konzept der Infrastrukturkritik ausführlich in ihrem 2021 veröffentlichten Essay „‚Only as Self-Relating Negativity‘: Infrastructure and Critique“. In: Journal of Science and Technology of the Arts. Nr. 13:3. 2021, S 13–24.
[9] Vishmidt, Marina „Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique“, S. 267.
[10] Vishmidt, Marina. Immaterial Labour: Work, Research and Art. Kongressbeitrag für Atelier Europa (Typoskript). Kunstverein München, 3. April 2004.
[11] Die Bedeutung des Begriffs „Produktionsverhältnisse“ ist komplex, weshalb hier eine Definition gegeben sei: „System gesellschaftlicher Verhältnisse, die die Menschen im Produktionsprozeß objektiv eingehen. Die Menschen ‚produzieren nur, indem sie auf eine bestimmte Weise zusammenwirken und ihre Tätigkeit gegeneinander austauschen. […]‘ (Engels). […] Sie umfassen die Beziehungen der Menschen im Produktionsprozeß, vor allem die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich der Produktionsmittel, die Verhältnisse des Austausches der Tätigkeiten, der Kooperation, der Arbeitsteilung, die Stellung und die Beziehungen der verschiedenen sozialen Gruppen und Klassen in der Produktion; die Verteilungsverhältnisse.“ Buhr, Manfred / Klaus Georg. Marxistisch-leninistisches Wörterbuch der Philosophie. Neubearb. und erw. Ausg. Bd. 3. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1975.
[12] Vishmidt / von Osten. Künstlerinnen sind immaterielle Arbeiterinnen, S. 48.
[13] Vishmidt, Marina. „The Two Reproductions in (Feminist) Art and Theory since the 1970s“. In: Third Text. Nr. 31:1. 2017, S. 49–66.
[14] Ebd.
[15] Vishmidt / von Osten. Künstlerinnen sind immaterielle Arbeiterinnen, S. 48.
— English version —
In April last year, art theorist and philosopher Marina Vishmidt passed away after serious illness. With her analyses of art, labor, and value, she significantly shaped the debate on the interconnections between financial markets and artistic production. In addition to her academic teaching—most recently as a professor at the University of Applied Arts Vienna—she was involved in various collectives such as the Cinenova Working Group, W.A.G.E., Full Unemployment Cinema, and others. As early as 2004, she participated in Atelier Europa. A Small Post-Fordist Drama at the Kunstverein München, an exhibition and symposium initiated by Marion von Osten and Angela McRobbie, which examined the working and living conditions of cultural producers in the context of privatization and economization.
“WHAT IS IT TO BE A WORKER, A RESEARCHER OR AN ARTIST? WHAT DOES IT MEAN TO SAY YOU ARE A ‘CULTURAL PRODUCER’?”
Johanna Klingler on Marina Vishmidt’s contribution to Atelier Europa. A Small Post-Fordist Drama (2004)
In spring 2004, Kunstverein München hosted the conference and exhibition project Atelier Europa. A Small Postfordist Drama as part of the curatorial program of Maria Lind and Søren Grammel. The interdisciplinary and multi-layered project involved a large number of cultural figures, including Judith Hopf, René Pollesch, Katja Reichard, Bakri Bakhit, and Ulrike Ottinger. It was initiated and organized collaboratively by British cultural sociologist Angela McRobbie and German artist Marion von Osten, who passed away in 2020. The project responded to rising economic privatization and the economization of social life, forces that were also reshaping everyday structures within the cultural sector. The commodification of creative processes and knowledge production led to a growing dependence of creative work on market-oriented infrastructures. Atelier Europa’s artistic and discursive agenda set out to map the conditions of cultural production at the time, while fostering exchange and networking among cultural producers. Central to the conversations was the notion of ‘immaterial labor.’ The term describes a multitude of social interactions that have been exploited to create economic value since the emergence of ‘cognitive capitalism’ around 1975.[1]
This review unfolds around the figure of the ‘cultural producer,’ a self-designation that spotlights the commodification of creative processes, which was at the core of Atelier Europa. The term will be introduced drawing on a contribution to the Atelier Europa conference by the theorist and activist Marina Vishmidt (1976–2024), situating it within her critical practice. Vishmidt’s contribution discusses the problems and challenges arising for intellectual and creative workers as a result of the economization of affects and social relations. Vishmidt’s work centers around the exploitation and commodification of subjectivity which she examines through the now widely debated notion of ‘infrastructural critique,’ a framework she has helped shape. Vishmidt’s critical analysis of the ‘cultural producer’ as an economic concept and Atelier Europa’s aim to address the sociopolitical conditions of institutions have emerged from a shared sensibility. Atelier Europa’s critique addressed cultural institutions not only in terms of content but also through their methodology and structure. The collective activity and exchange that took place during the project formed its very foundations.
This spirit connects to a longer genealogy of critically engaged art institutions, which over the past decades has taken shape in Kunstverein München’s program through various formats. During their curatorial program (1992–1995/96), Helmut Draxler and Hedwig Saxenhuber organized discursive and collective exhibitions that focused on social and political activity. Moreover, any history of institutional critique would be incomplete without the artist Andrea Fraser whose work is an important reference for Vishmidt. Fraser’s exhibition A Society of Taste was realized in 1993 at Kunstverein München. While many directors of the Kunstverein have probed institutional mechanisms, its own history and structure were most recently put under scrutiny in Bea Schlingelhoff’s No River to Cross in 2021 and revisited during Kunstverein’s 200th anniversary program in 2023, led by Maurin Dietrich and Gloria Hasnay. Vishmidt’s own structural-critical theory was revisited in the form of a contribution by herself and artist Melanie Gilligan for a reader accompanying the 2020 exhibition Not Working – Artistic production and matter of class at Kunstverein. Their conversation highlights how political and economic forces have deepened precarious working and living conditions for artists. The pandemic has not only accelerated this trend but also exposed underlying discrepancies and patterns of discrimination.
IMMATERIAL LABOR: WORK, RESEARCH, AND ART
In 2004, Vishmidt and artist Melanie Gilligan edited the fifth edition of the publication series de-, dis-, ex-, titled Immaterial Labour: Work, Research, and Art [2]. The volume ‘invokes politicised moments in 20th century art history to act as leverage for the analysis of cultural practices that can be broadly described as socially engaged, and to prefigure some untimely reversals.’[3] Invited contributors included Alice Creischer, Andrea Fraser, Stephan Dillemuth, and Marion von Osten. Von Osten’s knowledge of Vishmidt’s interest in ‘affect management and the ideologies that structure perception and agency in the administered world’[4] led her to invite Vishmidt to Atelier Europa. Besides participating in the conference, Vishmidt’s contribution to the project consisted of a conversation with von Osten, published as “Artists are Immaterial Workers” in Kunstverein’s member magazine Drucksache.[5] Together with further interviews, essays, and images, the transcript forms a print insert on Atelier Europa in the Spring 04 issue of the magazine which is held at the Kunstverein’s archive. The archival documents on Atelier Europa also include preparatory and research material by the organizers.
Among the materials is a script by Vishmidt, written for the April 3, 2004 conference, a rare gem within Kunstverein’s archival records. Immaterial Labour: Work, Research and Art examines the conditions and mechanisms that influence both contemporary art production and other forms of immaterial labor. Vishmidt avoids fixed answers, instead developing a methodological framework that critically examines social and economic mechanisms through their relations of production. Her strategies of resisting the market’s instrumentalization of creative processes remain open to further development, keeping them relevant today.
In different texts and statements, Vishmidt emphasizes that her intellectual propositions should not be misunderstood as ‘unequivocal conclusions.’ Her main concern is rather an attempt to counter “the expanding opportunities for complicity [...] by opportunities for refusal” and to follow up on relevant positions, such as those in the aforementioned value of de-, dis-, ex- as well as to study “the responses of those that encounter them.”[6] In her later elaborations on infrastructural critique she does not offer set definitions but rather invites to reflect upon mechanisms at work in social structures and production processes. In doing so, Vishmidt takes into account the conditions and circumstances that manifest structural violence both materially and ideologically. She seeks to prevent the “false totalization” of criticism, a risk she detects in forms of criticism that act in either “rejection or complicity”[7] towards their object.[8] Vishmidt, by contrast, insists on one condition: critical practice must leave the horizon of disclosure or reference “as the normative one for art.” Otherwise critical practice risks circling back into its own systemic limits.[9] Accordingly, Immaterial Labor should not be understood as a proposition for a particular solution but as an analytical-methodological moment.
ARE WE INFRASTRUCTURE?
– A SMALL POSTFORDIST DRAMA
“What is it to be a worker, a researcher, or an artist? What does it mean to say you are a ‘cultural producer’?” With these questions, Vishmidt launches her discussion at the Kunstverein conference, framing the self-description ‘cultural producer’ as a cynical-affirmative tool used by workers in the arts and culture sector to resist and expose the contradictions of cultural production within economic institutions. Vishmidt connects the Benjaminian concept of the cultural producer with the principle of capitalist mystification, which describes the deliberate obfuscation that surrounds economic contexts presenting their own constructed, exploitative and often unequal social relations as natural, inevitable and objective principles. Vishmidt exposes how the notion of ‘cultural production’ is a romanticized misconception; just like tropes such as ‘researcher‘ or ‘artist,‘ ‘cultural producer‘ conceals the essence of wage labor which recedes behind a utopia of autonomy. By contrasting commercial production with art’s promise of transcendence, the term challenges the commodification of social and political engagement. Critically unpacking the term ‘cultural producer,’ Vishmidt expands on a main issue treated by Atelier Europa: capitalism’s tendency to appropriate immaterial resources—often those initially directed against it.
As the subtitle A Small Postfordist Drama suggests, both Atelier Europa and Vishmidt ground their examinations on debates about structural changes in the organization of labor and the economic means of production that emerged from the ‘post-Fordist’ shift in the 1970s, which saw the restructuring of the production sector from factory work to immaterial or affective labor. Derived from the Ford Motor Company, the term ‘Fordism’ is associated with the factory’s unique mode of production. In Fordism, factory work is understood as alienated labor whose relations of production are organized hierarchically. That is, the workers own neither the means of production nor the end product. By contrast, the post-Fordist form of immaterial labor that emerged in the 1970s uses the collective and cognitive qualities of workers as a resource, deriving value from their social skills and relationships. In cognitive capitalism, creative skills such as communication, networking, collective knowledge production, etc. are exploited as means of production: “This could apply to the plethora of overtly commodified as well as tacitly invisible variants of affective, relational and cognitive labour”, as Vishmidt puts it, “from the artistic service to service with a smile, where the service subsists in the relationship with another.”[10]
In their reflections on Immaterial Labour, Vishmidt and Gilligan build on theorists criticizing those post-Fordist conditions, such as Paolo Virno, Mario Tronti, Toni Negri, and Silvia Federici, who had a strong influence on discourses on cognitive capitalism in Italy. Vishmidt, however, transfers their ideas on immaterial labor into the field of artistic and creative work within which she observes similar mechanisms. With shifting production conditions, market demands now expand into workers’s subjectivity, directly shaping their interpersonal relationships in a feedback loop.
In the creative sphere, Vishmidt and Gilligan see this reflected in the rise of conceptual and socially engaged art.[11] They trace the systematic exploitation of immaterial processes back to the conceptual artists of the 1960s and 70s, who, in their view, paved the way for the affective workers of the 2000s.[12] Vishmidt and Gilligan draw on their critical analysis of the conditions following the dematerialization of the object—a central paradigm of 1960s conceptual art—to broaden the discourse on immaterial labor from a different methodological angle. By the time Atelier Europa began, the effects of dematerialization were already being actively debated with relation to the care economy, knowledge production, and the communications sector.
THE REPRODUCTION OF INSTITUTION AS AN INSTITUTION OF REPRODUCTION
In numerous essays and lectures, Vishmidt describes how seemingly autonomous institutions perpetuate and maintain the social structure to which they belong. It is precisely their allegedly autonomous position within society that causes them to be perceived—and perceive themselves—as a naturally given entity. Among the institutions transmitting an ideological habitus through social and biological reproduction, Vishmidt emphasizes “religion, art, or the state itself”[13] alongside educational institutions and the family. By the late 20th century, a comprehensive discourse on feminist reproduction theory, especially concerning the family, had emerged, providing an important source for Vishmidt’s research.
The categories Vishmidt identifies appear detached from the systems that run our daily lives, making their dependence seem unlikely and their objectivity unquestioned. This supposed autonomy renders social categories within institutions seemingly neutral, and, she argues, primes them to be internalized as natural norms. In case of the capitalist social order, this applies to the construct of a class-based society which presupposes social categories such as “class, race, gender.”[14] These categories, continuously perpetuated by the division of labor, are therefore not necessarily perceived as its result, but as given parameters of social reality. Similarly, the apparent autonomy of art reinforces the fact that the economic conditions that shape the ‘cultural producer’ are often not being questioned or criticized but instead perceived as natural.
In her analyses of social institutions, Vishmidt examines how social order is produced and reproduced through the socialization of specific norms as a process of subjectivation. Drawing on Marxist theories of reproduction (e.g., Louis Althusser), she highlights how subjectivity helps sustain social order, framing society as the product of interactions between the material conditions of production and ideological processes. Accordingly, subjects who have been shaped by those material-ideal interactions reproduce the norms they have been experiencing through institutions. She argues that the illusion of autonomous social institutions enables the exploitation of affective and creative labor, since these areas escape scrutiny under the very systems that reproduce categories of subjectivity.
Vishmidt further advances this argument, her key contribution to infrastructural critique, in important texts such as “Only as Self-Relating Negativity”: Infrastructure and Critique, Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique, and Beneath the Atelier, the Desert: Critique, Institutional and Infrastructural. Her work on infrastructural critique stresses processes of subjectivation as central to how institutions reproduce themselves. Following Vishmidt, any description of the means of production in society necessarily involve the mechanisms of subjectivation as a fundamental factor.
Immaterial Labou: Work, Research and Art reveals an intimate connection between Vishmidt’s view on affective labor, which emphasizes the relevance of subjectivity for cognitive capitalism, and her elaborations of infrastructural critique. Her 2004 critique of dematerialization in conceptual art and the culture industry remains a useful document radically anticipating her later infrastructural critique: “Perhaps that was conceptualism’s (as a retroactive totalising gesture) gravest fault, that it did not sustain its interrogation of the art object up to and including the power relations that obtained on the definition of art object, but also on the definition of artist.”[15]
Johanna Klingler is an artist and cultural researcher. From 2019 to 2022, she co-directed the archive of Kunstverein München together with Jonas von Lenthe. In her doctoral research, which was in stages supervised by Marina Vishmidt, she currently investigates the role of subjectivity in socially critical practices.
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[1] The term ‘cognitive capitalism’ describes a phase of capitalism in which immaterial goods such as knowledge, information, and interpersonal relationships are being used to generate economic value.
[2] Vishmidt, Marina / Melanie Gilligan (eds.). Immaterial Labour: Work, Research and Art. De- Dis- Ex. Vol. 5. London: Black Dog Press, 2004.
[3] Atelier Europa (insert). In: Søren Grammel / Lind, Maria / Schwarzbart, Judith (eds.). Drucksache Spring 04. Kunstverein München e.V.: München, 2004, 70.
[4] Ibid.
[5] Drucksache, a members’ magazine of Kunstverein München, was published between 2002 and 2004 by Maria Lind and Søren Grammel. The conversation between Vishmidt and von Osten was additionally published on the project’s website which no longer exists.
[6] Vishmidt, Marina / Marion von Osten. Artists are Immaterial Workers (conversation). In: Atelier Europa (insert). In: Grammel, Søren / Maria Lind / Judith Schwarzbart (eds.). Drucksache Spring 04. München: Kunstverein München e.V., 2004, 46–49, 49.
[7] Vishmidt, Marina. “Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique.” In: Former West: Art and the Contemporary After 1989. Hlavajova, Maria / Simon Sheikh (eds.). MIT Press, 2016, 268.
[8] In this context, Vishmidt also draws on the concept of ‘immanent critique.’ While she introduces the concept only at the end of her notes, she comprehensively discusses the relevance of this form of critique to her concept of infrastructural critique in her essay ”’Only as Self-Relating Negativity’: Infrastructure and Critique.” In: Journal of Science and Technology of the Arts. No 13:3. 2021, 13–24.
[9] Vishmidt, Between Not Everything and Not Nothing: Cuts towards Infrastructural Critique, 267.
[10] Vishmidt, Marina. Immaterial Labour: Work, research and Art. Conference contribution for Atelier Europa (typescript). Kunstverein München, April 3rd, 2004.
[11] The meaning of the term ‘relations of production’ is defined as follows: “System of social relations that people objectively enter into during the production process. People ‘produce only by working together in a specified manner and reciprocally exchanging their activities[...]’ (Engels). [...] These include the relationships between people in the production process, with regard to the means of production above all the relations of property, the relations of exchange of activities, of cooperation, of the division of labor, of the position and relations of the various social groups and classes in production, and the relations of distribution”. Buhr, Manfred / Klaus, Georg. Marxist-Leninist Dictionary of Philosophy. Newly revised and expanded edition. Vol. 3. Reinbek near Hamburg: Rowohlt, 1975; my translation from German.
[12] Vishmidt / von Osten, Artists are Immaterial Workers, 48.
[13] Marina Vishmidt, “The Two Reproductions in (Feminist) Art and Theory since the 1970s”. Third Text. No. 31:1. 2017, 49–66.
[14] Ibid.
[15] Vishmidt / von Osten, Artists are Immaterial Workers, 48.