THE ARCHIVE AS ... CIVIL SOCIETY
Gespräch mit A. Dirk Moses
Dienstag, 1. August
19 Uhr
Nach dem Holocaust begann in der Bundesrepublik die mühsame Suche nach einer kollektiven Identität, bei der die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis eine wesentliche Rolle spielt. Die Deutschen, so der Historiker und Genozidforscher A. Dirk Moses in seinem 2007 erschienenen Buch German Intellectuals and the Nazi Past, konnten nach 1945 entweder versuchen, sich und andere davon zu überzeugen, dass sie eine neue Kollektivität geschaffen hatten, klar abgetrennt von einer unerträglichen Vergangenheit, oder sie verteidigten ihre bisherige Identität, indem sie sich bemühten, die Vergangenheit durch vielfältige Strategien der Verdrängung erträglich zu machen. Was passiert jedoch, wenn diese nationalgeschichtlich ausgerichteten Identifikationsangebote auf Erfahrungen und Perspektiven treffen, die von anderen Verbrechen als denen der Nazis geformt sind? Und wie wirken sich jene unterbewussten Dynamiken auf heutige Debatten zu deutscher Erinnerung aus?
Im Gespräch mit A. Dirk Moses blicken wir auf Momente in der Geschichte des Kunstverein München, in denen sich die konflikthafte Suche nach einem deutschen Gruppenbewusstsein artikuliert, um dadurch die Diskurse der Gegenwart besser zu verstehen. A. Dirk Moses ist Anne und Bernard Spitzer Professor für Politikwissenschaft am City College of New York. Sein Buch Nach dem Genozid. Grundlage für eine neue Erinnerungskultur erscheint diesen August bei Matthes & Seitz.
Die Veranstaltung findet auf Englisch statt.
Ansichten: THE ARCHIVE AS ... CIVIL SOCIETY, Kunstverein München, 2023. Fotos: Kunstverein München e.V.