Otarkino
13. – 15. Mai 2016
Geben Sie ihren Ohren, Mund, Augen und Fingern einen Platz an dem Tisch, der gewöhnlich für die Augen reserviert ist. Am 13., 14., und 15. Mai 2016 präsentiert das Antwerpener Kollektiv für kulinarisches Kino Otarkino drei Film-Dinner – so wird der Kunstverein München zu einem synästhetischen Wurmloch, wo Filme schmecken, wo Tassen mit Klang gefüllt werden, wo Narrative zwischen Teller und Leinwand nur so hin und her springen.
Drei Menüs, fünf Filme, verteilt auf drei Abende. Jeden Abend projiziert Otarkino andere Filme auf eine fünf Meter hohe Wand, während an Zweiertischen dazu passende Gerichte serviert werden. Die Menüs entspringen Bildern, Wörtern oder Gefühlen aus Filmen von den Regisseuren Sergei Parajanov (Freitag), Hiroshi Teshigahara, Sharon Lockhart und Shûji Terayama (Samstag) sowie Jonas Mekas (Sonntag), aber sie bestehen aus mehr als nur Speisen und Getränken: ein zeitlich gut abgestimmter Geschmack oder eine Textur, ein sinnträchtiges Ereignis, ein leise baumelnder Duft – alles ist choreographiert und kommt wie auf Stichwort.
Film-Dinner 1
Freitag, 13. Mai 2016, 19 Uhr
Film:
Sergei Parajanov, The Colour of Pomegranates, 1968
Der ausgefallene Regisseur Sergei Parajanov meidet die konventionelle Erzählung, wenn er verschiedene Kapitel aus dem Leben und der Arbeit des gefeierten armenischen Troubadours Sayat Nova (König der Lieder) beleuchtet. Inspiriert von armenischen illuminierten Miniaturen und religiösen Ritualen, lässt er visuell verblüffende, traumartige Tableaus entstehen.
Menü:
Wasser und Wein, die Farbe von Granatäpfeln
Georgisches Brot
Natürlich gefärbte, handgedrehte Pasta
Pişmaniye
Ein granatapfelpinkes Pfeffersorbet
Armenischer Armagnac
Film-Dinner 2
*Samstag, 14. Mai 2016, 19 Uhr
Filme:
Hiroshi Teshigahara, Ikebana, 1956
Einer der höchst gelobten Regisseure der japanischen Avantgarde, zeichnet Hiroshi Teshigahara die Geschichte des Ikebana – der japanischen Kunst des Blumenarrangierens – bis in die Gegenwart nach, indem er seinen Vater Sofu Teshigahara, den Gründer und Meister der Sogetsu Ikebana-Schule, dabei zeigt, wie er die jährliche Einzelausstellung seiner Arbeiten vorbereitet.
Sharon Lockhart, NŌ, 2003
Indem die amerikanische Künstlerin und Filmemacherin Sharon Lockhart ein japanisches Bauernpaar von einer festen Kameraperspektive aus bei der Feldarbeit filmt, schafft sie ein minimalistisches und dennoch dynamisches Landschaftsbild, das fotografische und filmische Traditionen mit skulpturalen Erdarbeiten und einer radikalen Form von Ikebana verbindet.
Shûji Terayama, Shadow Film – A Woman with Two Heads, 1977
In dem sepia-getönten experimentellen Kurzfilm der berühmten japanischen Avantgarde-Dichterin, -Dramatikerin, -Schriftstellerin, -Filmregisseurin und -Fotografin Shūji Terayama trennen sich bei einer modernen Familie die Schatten von ihren Besitzern und fangen an, ein vollkommen anderes Leben zu führen.
Menü:
IKEBANA
Die nächste Blume
Übliche Gemüse
und Lotuswurzel-Chips
NO
Ein Landschaftsbild in Herbstreis oder
NŌ- no Ikebana
A WOMAN WITH TWO FACES
Ein Geist von einem Nachtisch
und ein Getränk
Film-Dinner 3
*_Sonntag, 15. Mai 2016, 19 Uhr_
Film:
Jonas Mekas, Reminiscences of a Journey to Lithuania, 1972
In einer äußerst persönlichen Erzählung, welche die Vertreibung aus Erinnerung und Ort hervorhebt, dokumentiert der gefeierte Regisseur Jonas Mekas, wie er und sein Bruder nach fast drei Jahrzehnten im Exil in ihr litauisches Geburtsdorf Semeniškiai zurückkommen.
Menü:
Das Picknick der Immigranten
Nie
Ich erinnere mich an dich
Von einer Birke
Also fing er an, Blätter zu essen
Immer die Beeren
O kühles Wasser von Seminiskiai
Man findet seine Löffel nicht, wenn man alt ist
Erzähl dort in Amerika nicht, dass wir im Heu schlafen
Mama backt Kartoffelpuffer
Das Haus Wittgenstein
Der Obstmarkt brannte
Das Antwerpener Otarkino besteht aus dem Filmkurator Vincent Stroep und dem kulinarischen Kollektiv Otark Productions (Hadas Cna'ani und Charlotte Koopman). Seit 2012, als Otarkino Les Blanks Film Garlic is as Good as Ten Mothers (1980) mit Kimchi-Käsetoast, „Sternzeichen-Gemüse“, Suppen und anderen mit Knoblauch durchzogenen Snacks kombinierte, lässt das Kollektiv Gerichte und Filme aufeinanderprallen, in „... einem sinnlichen Zwiegespräch von Geruch, Textur, Licht, Temperatur, Bild, Klang und Geschmack. Eine Karotte, die ihre langen grünen Beine ausstreckt, herzhafte Presskekse mit Kräutern, Pflaumenbrand aus der osteuropäischen Bodega um die Ecke. Manche Filme lassen Blumen auf dem Tisch erscheinen. Andere bringen Steine hervor oder Voodo-Objekte aus exotischen Samen und elastischem geflochtenem Käse.“
Zusätzlich bringen der Kunstverein München und Roma Publications, als fünften Band der Reihe Companion, eine neue Publikation heraus, in der alle Filme, Menüs und Servierabläufe der 25 bisher von Otarkino veranstalteten Abende zusammengetragen sind.