Ian Kiaer
Endnote, pink
10. Juni – 29. August 2010
Mit der Ausstellung Endnote, pink präsentiert der Kunstverein München einen neuen Werkkomplex des britischen Künstlers Ian Kiaer. Der 1971 in London geborene Künstler ist für seine Rauminstallationen bekannt, in denen er gefundene Objekte und Materialien mit präzisem Kalkül auf dem Boden des jeweiligen Ausstellungsraums anordnet und verteilt. Endnote, pink ist Kiaers erste Soloschau in einer deutschen Institution. Aus diesem Anlass hat er sechs neue Installationen entwickelt, die sich unmittelbar auf die Ausstellungsräume des Münchner Kunstvereins beziehen.
Die Ausstellung zeigt unter anderem gebrauchte Rahmen und Keilrahmen, die mit gefundenen Stoffen, Silberfolie oder auch gelbem Latex bespannt sind. Die Wandobjekte setzt Kiaer in Beziehung zu alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie beispielsweise einem Stuhl, einer Matte, einem Tisch oder einem pinkfarbenen Behälter. An diese Objekte knüpfen wiederum weitere raumbezogene Assemblagen an, die aus alten Stromkabeln, gebrauchten Gummiunterlagen und einem Styroporblock bestehen – alles Werkstoffe also, die außerhalb des Ausstellungsraums leicht für Abfall gehalten werden würden. Durch ihre bewusste Platzierung in den Räumen des Kunstvereins werden sie zu einer ästhetischen Komposition.
Besonders für seine Ausstellung in München überdenkt Ian Kiaer den alten Wettstreit zwischen Readymade-Praktiken und der Bildsprache der Malerei – insbesondere der Stilllebenmalerei. Dabei gibt der Künstler keiner der beiden bildnerischen Vorgehensweisen den Vorzug. Vielmehr behandelt er sie absolut gleichwertig und formt sie damit in etwas um, das einer jüngeren Generation von konzeptuell arbeitenden Künstlern bestens vertraut ist: in eine Praxis der Fragmentierung und kulturellen Repräsentation. Die im Ausstellungstitel genannte „Endnote“, also der akademische Nachweis eines schriftlichen Quellentexts, ist damit wortwörtliche zu verstehen: Als nähere Bestimmung und zusätzliche Information zu einer Geschichte, die immer wieder neu- und umgeschrieben oder auch überschrieben wurde.
Endnote, pink fungiert zugleich als Abschluss zweier aufeinander folgender Ausstellungen im Kunstverein München, die sich der Rolle der Malerei innerhalb einer jüngeren, konzeptuell arbeitenden Künstler*innengeneration widmen.
Bart van der Heide: Malerei und Readymade-Objekte sind alte Weggefährten. Innerhalb der Kunstgeschichte finden sich zahlreiche Ansätze, in denen diese beiden Genres nebeneinander gestellt wurden, um sie wieder zu vereinen. Der künstlerische Akt, der zu einer bestimmten Auswahl alltäglicher Objekte für deren Verwendung im ästhetischen Kontext führt, lässt sich mit den Entscheidungen vergleichen, die ein Maler trifft, wenn er seine Pinselstriche auf der leeren Leinwand platziert. Darüber hinaus wurde das Verhältnis der Readymades zur Art ihrer Präsentation (metaphorisch) mit dem grundlegenden Verhältnis verglichen, das zwischen einer Leinwand und ihrem Rahmen besteht. Um nämlich ein Alltagsobjekt als autonomes Kunstwerk kenntlich zu machen, muss man es als eben solches sichtbar machen. Diese Vorherrschaft der Sichtbarkeit muss als entscheidender Bestandteil eines jeden Kunstwerks betrachtet werden – im Sinne einer Synthese oder Antithese – und kann als Motiv dafür gesehen werden, dass der Künstler, der mit Readymades arbeitet, die institutionellen Vorgaben der Präsentation in seine künstlerische Produktion mit einbezieht. Wenn wir also ein Pissoir anschauen, das Duchamp 1917 ausgewählt und mit Fountain betitelt hat, sehen wir immer auch den Sockel, der diesem Objekt den autonomen Charakter sichert.