Duncan Campbell
24. Januar – 8. März 2009
In seinen Film- und Videoarbeiten setzt sich Duncan Campbell mit den Rhetoriken von Jugend- und Unabhängigkeitspolitik sowie mit der Ästhetik des Dokumentarischen auseinander. Vor dem Hintergrund lose aneinander gefügter Ausgangsmaterialien aus Film und Fotoarchiven sowie grafischer on-screen Animationen entwirft Campbell Portraits von Personen und sozialen Milieus.
In seinen Arbeiten verschmilzt Duncan Campbell dokumentarische mit fiktiven Momenten, um so einerseits die „dokumentierte“ Thematik aber immer auch den „dokumentarischen Blick“ selbst, zu hinterfragen.
„Das Dokumentarische ist eine besondere Form des Fiktiven. Es hat die Erscheinung von Wahrheit, basierend auf den gleichen formalen Konventionen wie das Erfundene. Dennoch ist die Beziehung zwischen Autor, Subjekt und Betrachter nicht in dem gleichen Maße erforscht wie die Konventionen der Fiktion. Ich versuche in meinen Filmen zu erreichen, was Samuel Beckett mit ‘einer Form die auch Unordnung beherbergt’ bezeichnet“.
(Duncan Campbell)
Der Kunstverein München zeigt erstmals die 2008 entstandenen Filme Bernadette und Sigmar sowie den 2003 entstandenen Film Falls Burns Malone Fiddles gemeinsam in einer Ausstellung.
Falls Burn Malone Fiddles, ein Film über Jugendkultur im Belfast der 70er und 80er Jahre, zeigt den trostlosen Alltag von Jugendlichen zwischen sozialem Wohnungsbau, Clubs, Alkohol und der Straße. Der Film baut auf Fotos aus Archiven wie Belfast Exposed oder Community Visual Image auf. Die Stimme des Schauspielers Ewan Bremner monologisiert aus dem „Off“ über das Verhältnis von Fotografie, Realität, Subjekt und Gesellschaft: „Für mich ist Sprache die einzige richtige Eigenschaft, das einzige Eigentum, dessen ich mir sicher sein kann. Aber würde es nicht genauso richtig sein zu sagen, dass ich Eigentum der Sprache bin?“ Animierte Diagramme, geometrische Formen oder Protestsymbole geben ebenso vor, das Gezeigte zu erklären oder dringen als Fremdkörper in die Bilderinhalte ein.
Bernadette erzählt die Geschichte der nordirischen Republikanerin, Bürgerrechtskämpferin und Aktivistin Bernadette Devlin, die 1969, im Alter von nur 21 Jahren, als jüngste Abgeordnete in das britische Parlament einzog. Campbells Interesse gilt der Zeitgeschichte und ihrer Akteure sowie den Methoden ihrer medialen Vermittlung. Während der Künstler auch hier die dokumentarischen Strategien einer intelligenten und kritischen Analyse unterzieht, entwickelt er ein sensibles und sehr subjektives Portrait von Bernadette.
Campbell hinterfragt in seinem Film nicht nur das Dokumentarische des Dokumentarischen, sondern auch unsere post-historische und post-politische Gegenwart, in der Charaktere wie Bernadette der Fiktion angehören.