Icestorm
Carol Bove, Gerard Byrne, Cerith Wyn Evans, Liam Gillick, Jim Isermann, Dorit Margreiter, und Christian Philipp Müller
3. Mai – 3. Juli 2005
ICESTORM, die erste Ausstellung des neuen Direktors Stefan Kalmár und Daniel Pies (Kurator für Theorie, Vermittlung und Publikation), unternimmt den Versuch, aus der gegenwärtigen Perspektive die sozialen, politischen und kulturellen Hinterlassenschaften der Moderne einer kritischen Reevaluation zu unterziehen. Titelgebend für die internationale Gruppenausstellung ist Ang Lees Film ‚The Ice Storm’ aus dem Jahr 1997.
Nach dem Ende der Postmoderne erscheinen uns Moderne und Modernismus nicht mehr als lineare Entwicklung und monolithische Einheit, sondern als komplexe Topographie lokal divergenter Artikulationen und Erfahrungen von Modernität. Mit der Verräumlichung und Fragmentierung unseres Blicks auf die Moderne eröffnet sich die Möglichkeit, ihre Geschichte/n in ihrer Unterschiedlichkeit und jeweiligen Spezifizität neu zu lesen und deren Implikationen und Potentialitäten im Horizont der Gegenwart zu aktualisieren.
Die in ICESTORM vertretenen Künstler teilen ein gemeinsames Interesse an der kritischen Rekonstruktion spezifischer Momente und Aspekte der Moderne, um so alternative Lesarten ihrer jeweiligen Manifestationen vorzuschlagen. Die neue Sensibilität für den fragmentierten und asynchronen Charakter der Moderne hat zu einer Ablösung der postmodernen Strategien der Zitation geführt, die die Insignien der Moderne als Chiffren kultureller Macht aufriefen, um sie dann der Lächerlichkeit preis zu geben. Vielmehr wird in der gegenwärtigen künstlerischen Produktion vor allem der Wunsch deutlich, die verlorenen oder entstellten Spuren und unrealisierten Potentiale der utopischen Dimension der Moderne auszugraben und erneut zu befragen. Hier wird die Geschichte des utopischen Denkens nicht primär als durch die Drohung des Totalitären kontaminiert verstanden, sondern vielmehr als politisch unverzichtbares Potential, mögliche Alternativen zur Faktizität des Gegenwärtigen zu imaginieren.
Ausgangspunkt und Parallelerzählung der Ausstellung ICESTORM ist Ang Lees gleichnamiger Film 'The Ice Storm'. Lee wirft hier einen kritischen Blick auf die letzte große Erzählung der westlichen Moderne: das Projekt der radikalen Emanzipation der späten 60er und frühen 70er Jahre. Indem Lee das suburbane Leben zweier Familien in Conneticticut vor dem Hintergrund der Watergate Affäre nachzeichnet, fokussiert er einen historischen Moment, in dem die Ideale der 60er im amerikanischen Mainstream aufgingen und in Formen des sozialen Zwangs umschlugen. Lee kartographiert und re-inszeniert den Konflikt zwischen der utopischen Dimension von '68 und tradierten ethischen Werten über unterschiedliche architektonische Terrains und fiktionale Settings, um dessen Kosequenzen auf der Ebene des Privaten und Intimen zu untersuchen. Diese Form der Wiederaufnahme und Befragung spezifischer, kulturell und historisch verorteter Artikulationen der Erfahrung der Moderne in einem offenen und experimentellen Setting dient als methodischer Blueprint für die für ICESTORM ausgewählten Werke.