Rodney Graham
some works with sound waves some works with light waves and some other experimental works
16. Juni – 13. August 2000
Der kanadische Künstler Rodney Graham (geb. 1949 in Vancouver) wird vom 16. Juni bis 13. August in einer Einzelausstellung mit neuen und älteren Arbeiten vorgestellt. Graham ist erster Gast des neueingerichteten München-Stipendiums, das 1999 auf Initiative des Kunstvereins in Zusammenarbeit mit dem DAAD Berliner Künstlerprogramm und der Bayerischen Rückversicherung eingerichtet wurde. Mit seinen Werken, die oftmals überraschende Wendungen nehmen, faszinierte Graham in Ausstellungen wie Skulpturprojekte Münster, 1987, documenta IX, 1992, dem Kanadischen Pavillion auf der XLVII Biennale di Venezia, 1997, Cinema Music Video, Kunsthalle Wien, 1999, und kürzlich im DIA Center for Contemporary Art, New York, Kunstszene und Wissenschaftlerinnen gleichermaßen.
Das sisyphoshafte, absurd repetitive ist eines der typischen Merkmale von Grahams Werken, die er in so unterschiedlichen Medien wie Installation, Photographie, Musik, Film und Video realisiert. Die Faszination seiner Methodik erwächst aus der Aneignung der Moderne mit postmodernen Mitteln der Allegorie und im Stil der Parodie. Inspirationsquelle und Material ist dabei der Erfahrungshorizont der Moderne, die Werke von Büchner, Freud, Poe, Melville, Wagner und Humperdinck oder des Etüdenlehrers Carl Czerny. Viele Arbeiten setzen sich aus obsessiven, zwanghaften Wiederholungen zusammen, die dem Automatismus der frühen Seh-Apparate (der Photographie oder des Kinos) ähneln. Model for a Siesta Room (2000), Corruscating Cinnamon Granules (1996) und Edge of a Wood (1999) setzen sich mit der psychischen Funktion der Camera Obscura und des Kinoapparats ebenso auseinander wie mit deren Rekonstruktion des Realen.
In kontinuierlichen Wiederholungssequenzen setzt sich der Künstler oft selbst in Szene - eine Referenz auf den Einfluß von Performance-Kunst in seiner Arbeit. In stilistisch perfekten Pastiches überlagert Graham die Originale und schmuggelt auf diese Weise seine Verschiebungen in die Geschichte hinein. Der Dieb aus Alfred Hitchcocks Film To Catch a Thief, der seinen Doppelgänger entlarven soll, bildet die Vorlage für die jüngste Arbeit Fishing an a Jetty (2000) - auch eine Selbstinszenierung, in der es gilt durch die Art der »Vermummung« Unauffälligkeit zu simulieren.
Rodney Grahams Auseinandersetzung mit Popmusik entstand aus seiner Faszination für den verstorbenen Musiker Kurt Cobain (Nirvana) und die Tatsache, »daß Cobain ernsthaft Künstler sein wollte.« Listening Lounge II (1999/2000) präsentiert bereits Rodney Grahams zweite Musik-CD. Diese Entwicklung innerhalb seiner Arbeit erklärt Graham folgendermaßen:
»Das Popalbum habe ich dann gemacht, weil ich des fast tyrannischen Charakters dieser Arbeiten, die aus meiner Beschäftigung mit Systemen kommen, müde geworden bin. Seit meiner Ausbildung in den Sechzigern im Umfeld der Concept Art arbeite ich über Systeme, genauer, über Systeme an dem Punkt, an dem sie drohen, außer Kontrolle zu geraten. Dort entsteht eine Art Delirium. Das interessiert mich jetzt nicht mehr so. Ich möchte mich mit offeneren Strukturen beschäftigen.«
Die Freud'sche Psychoanalyse bestimmt Grahams Methode der Verknüpfung philosophischer, sozialer, historischer, naturwissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse. In Schema: Complications of Payment (1996), einem Performance-Vortrag, geht der Künstler einigen möglichen Überlegungen nach, die Freud bei der Formulierung der Traumdeutung begleitet haben.
Rodney Grahams ästhetisch verschlüsselte Werke reflektieren das 19. Jahrhundert und den Übergang zum frühen 20. Jahrhundert, einer Zeit, in der sich das Laboratorium der Moderne noch mit ungebrochenem Selbstbewußtsein entwickelte. Aerodynamic Forms in Space (1977-96) besteht aus elf Farbphotographien, die sich im hochmodernistischen suprematistischen Stil der Solarisation präsentieren, jedoch Bilder eines falsch zusammengesetzten Miniaturflugzeugs zeigen.
Vortrag von Rodney Graham, Mittwoch, 5. Juli, 19 Uhr
Der Westfälische Kunstverein in Münster präsentiert vom 15. September bis 29. Oktober 2000 eine Ausstellung von Rodney Graham.